03.
2005
Herren NLA: Neuerlicher Fehlstart
Das war’s. Nach dem 3:9 am Ostersamstag in Zuchwil und dem 1:8 am Ostermontag in Oberseen zog der HC Rychenberg Winterthur gegen Titelverteidiger SV Wiler-Ersigen auch im dritten Spiel binnen fünf Tagen den Kürzeren und beendet damit die Saison auf dem geteilten dritten Platz. In einer bis zuletzt kurzweiligen und zeitweise dramatischen Partie hiess es am Ende 10:13 (3:6, 2:2, 5:5).
Desolate Rychenberger Startviertelstunde
Wie schon in den ersten beiden Halbfinalpartien war die Startphase Vater der
Niederlage. 0:2 respektive 0:4 hatten die Winterthurer NLA-Unihockeyaner da nach
dem ersten Abschnitt zurückgelegen, dieses Mal nach nur acht Minuten schon 0:4
und nach fünfzehn 1:6! Keine gute Basis, um als klarer Aussenseiter bestehen zu
können.
Die Ursachen für den dreimaligen Fehlstart sind in erster Linie in den eigenen
Reihen zu suchen. Besonders in der zweiten und dritten Begegnung interpretierten
die Winterthurer ihre auf Abwarten ausgerichtete Taktik zu passiv und gaben so
dem Gegner Raum und Zeit für sein gepflegtes Direktpassspiel. „Unsere Spieler
wollten es vermutlich zu gut machen“, mutmassten die Assistenztrainer, “und
verkrampften sich dabei.“ Pech war insofern dabei, als Radim Cepek Sekunden vor
dem 0:1 nur die Latte getroffen hatte und wenig später Michael Zürcher den Ball
nicht unter Kontrolle brachte, nachdem er den Torhüter umspielt hatte.
Gleichzeitig legte Wiler wiederum eine Effizienz im Abschluss an den Tag, wie
man sie bei Schweizer Sportvereinen nur ganz selten sieht. Der erste Schuss
bedeutete gleich die Führung und für die ersten sechs Treffer benötigten sie nur
unwesentlich mehr Möglichkeiten. Selbst aus spitzestem Winkel fand der Ball
irgendwie den Weg ins Tor. Auch der Alt-Internationale Alex Matt staunte: „Zwei,
drei schnelle Pässe und dann war jeder Schuss ein Tor.“
Rychenbergs erlebte in dieser Viertelstunde sein Waterloo. Dabei war klar zu
sehen, dass die verletzungsbedingt ausgedünnte Personaldecke und die Kräfte
raubende Aufholjagd in der Finalrunde physisch und psychisch Spuren hinterlassen
hat. Die Berner, welche die ganze Saison mit drei vollwertigen Linien antreten
konnten, wirkten jedenfalls wesentlich frischer, dank den zwei Siegen im Rücken
sowieso.
Umstellung auf Manndeckung
In der achten Minute reagierte Sascha Brendler und nahm beim Stand von 0:4 seine
Auszeit. Das 2-2-1, zu dem er in Ermangelung echter personeller Alternativen
nach den zwei Niederlagen zurückgekehrt war, liess er wieder fallen und in der
Verteidigung kombinierte er die Paare neu. Die Wirkung war bescheiden. Noch vor
Ablauf einer Viertelstunde hiess es 1:6. Dass Niko Nordlund und Reto Leemann bis
zur ersten Drittelpause auf drei Tore verkürzen konnten, war schmeichelhaft.
Die Resultatkosmetik setzte bei den Winterthurern neue Kräfte frei und liess
leise Hoffnungen auf eine Wende aufkommen. Brendler verordnete ein Forechecking
und liess seine Verteidiger nicht mehr im Raum, sondern auf den Mann spielen!
Die Partie wurde nervös und unkontrollierter. Einzelvorstösse waren nun Trumpf.
Die Begegnung glich sich aus, die Berner begannen ebenfalls Fehler zu machen und
die beiden Torhüter mussten sich über mangelnde Arbeit nicht zu beklagen. Mit
all seiner Routine und individuellen Klasse konnte der Favorit aber reagieren,
als Rychenberg bis auf zwei Tore verkürzte. Augenscheinlich wurde dabei, wie
wichtig Matthias Hofbauer für den Meister ist. Immer wieder war es der Topskorer
und All Star der letzten Weltmeisterschaften, der sein Team zu ordnen versuchte
und gefährliche Vorstösse lancierte. Am Ende hatte er acht Skorerpunkte auf
seinem Konto.
Wiler wankt, fällt aber nicht
Was keiner für möglich gehalten hatte, geschah im Schlussdrittel doch noch. Nach
Cepeks 6:8 in der 43. Minute geriet der Favorit gehörig ins Wanken. Es war
offensichtlich, dass Wiler allzu siegessicher gewesen war und vom nie
nachlassenden Kampfgeist überrascht wurde. Nur dank seinem Goalie Patrick
Kellenberger und einer grossen Portion Glück kamen sie um den Anschlusstreffer
herum. Zuerst blieb der Ball bei einem Penalty von Niko Nordlund knapp vor der
Torlinie liegen, dann traf Zürcher nur die Torumrandung, der fünfte
Stangentreffer Rychenbergs insgesamt, Rolf Kern blieb an Kellenberger hängen und
Reto Leemanns Aufsetzer strich knapp übers Gehäuse.
Ein Pfiff der Schiedsrichter setzte dem Ansturm ein Ende. Mark Schuler wanderte
für Ballwegschlagens auf die Strafbank. Auch wenn diese Sanktion streng nach
Regelwerk korrekt ist, wäre etwas Fingerspitzengefühl seitens der Unparteiischen
in dieser entscheidenden Phase angebracht gewesen. Da Wiler die Strafe ausnutzen
konnte und kurz darauf nachdoppelte, war die Partie und damit auch die Serie
entschieden. Der anschliessende offene Schlagabtausch, bei dem Rychenberg über
weite Strecken ohne Torhüter agierte, hatte bloss noch unterhalterischen und
statistischen Wert.
Wiler verdientermassen Sieger der Serie
Mit dem dritten Sieg im dritten Spiel steigt Wiler verdientermassen ins Finale
auf. Rychenberg seinerseits schied zum dritten Mal in Folge im Halbfinal aus.
Alles andere wäre auch eine riesige Überraschung gewesen, wie Captain Thomas
Weber bestätigte: „Wenn man alle Faktoren berücksichtigt, war zum Vornherein
klar, dass unsere Chancen gering sind und nur das Optimum eventuell hätte
reichen können.“ Dazu wäre nötig gewesen, dass man möglichst lange kein Gegentor
erhalten hätte und einmal selber in Führung gegangen wäre. Das Gesamtskore von
3:12 Toren aus den ersten Dritteln der drei Partien zeigt, dass Rychenberg ein
ganzes Stück davon entfernt war. Die Defensive war dafür zu instabil.
Wiler wird auch im Final kaum zu bezwingen sein, wie der Gegner auch heissen
mag. GC und Malans, die beiden möglichen Finalisten, sowie Rychenberg und Chur
sind in etwa gleich stark einzustufen. Wiler steht in allen Belangen mindestens
eine Stufe darüber.
SV Wiler-Ersigen - HC Rychenberg Winterthur 13:10 (6:3, 2:2, 5:5)
Sportzentrum, Zuchwil - 685 Zuschauer
SR: Erhard / Renz
Tore: 3. Thorsell (M. Hofbauer) 1:0. 6. A. Zimmermann (Flury) 2:0. 8. Thorsell (M. Hofbauer) 3:0. 8. M. Hofbauer (Penalty) 4:0. 9. Taisch (Schuler) 4:1. 12. Krähenbühl (Bichsel) 5:1. 15. Luginbühl (Mühlethaler) 6:1. 19. Nordlund (Weber/Auschluss Hedlund) 6:2. 20. Leemann (Widler) 6:3. 24. Ch. Hofbauer (M. Hofbauer) 7:3. 25. Cepek (Zürcher/Auschluss Taisch!) 7:4. 31. Weber 7:5. 34. Hedlund (Gerber) 8:5. 43. Cepek (Schuler) 8:6. 50. A. Zimmermann (M. Hofbauer/Auschluss Schuler). 9:6. 51. Krähenbühl (Hedlund) 10:6. 54. Steinholtz (Weber) 10:7. 55. M. Hofbauer (Ch. Hofbauer) 11:7. 56. Mühlethaler (M. Hofbauer) 12:7. 57. Kern (Weber) 12:8. 59. Ch. Hofbauer (M. Hofbauer, ins leere Tor) 13:8. 60. Steinholtz 13:9. 60. Zürcher (Cepek) 13:10.
Strafen: Wiler 4x2', HCR 4x2'
Wiler: Kellenberger; Flury, Thorsell; Bichsel, Kaltenbrunner; Koch, D. Zimmermann; Matthias Hofbauer, Christoph Hofbauer, A. Zimmermann; Hedlund, Gerber, Krähenbühl; Luginbühl, Mühlethaler, Rüegsegger
HCR: Bosshard; Weber, Nordlund; Taisch, Ch. Wilder; Zürcher, Cepek, Schuler; Steinholtz, Kern, Leemann; Ch. Widler
Best Player: M. Hofbauer / Nordlund