01.
2004
Herren NLA: Niklas Jihde allein reicht gegen Rychenberg nicht
Ausgesprochen ungewohnt war es für den
regelmässigen Zuseher, welche Direktiven Rychenbergs Cheftrainer Sascha Brendler
seiner Mannschaft fürs Kantonalderby gegen die Grasshoppers auf den Weg gegeben
hatte. Während sonst meist Abwarten und schnelles Umschalten angesagt ist, liess
er seine Stürmer dieses Mal vom Anpfiff bis zur Schlusssirene ein intensives
Forechecking tief in des Gegners Platzhälfte betreiben. Um diese Kräfte zehrende
Taktik umsetzen zu können, setzte Brendler drei komplette Linien ein, wobei
zuerst Thomas Weber und Simon Eichmann und später Weber und Sebastian Brühwiler
mit Doppeleinsätzen ein drittes Verteidigungspaar bildeten.
Wer Tore schiessen will muss leiden
können.
Brendlers
Gegenüber Peter Düggeli dürfte von der aggressiven Ausrichtung genauso
überrascht worden sein. So extraordinär die Disposition auf den ersten Blick
erscheint, so einleuchtend war Brendlers Erklärung dafür: „GC hat in siebzehn
Spielen 97 Tore erzielt und deren 91 einkassiert. Seine Stärken liegen also ohne
Wenn und Aber im Angriff. Hätten wir auf Abwarten gespielt, hätten wir
angesichts ihrer offensiven Qualitäten erstens hinten unsere Probleme bekommen
und zweitens ihre defensiven Defizite nicht aufdecken können.“
Brendler bewies mit dieser offensiveren
und offeneren Ausrichtung einiges an Risikobereitschaft. Einerseits liess er
sein Team in einem System spielen, das er erst seit ein paar Wochen trainieren
lässt, und andererseits öffnete er die Räume für Topskorer Niklas Jihde. Trotz
dessen drei Toren erwies sich die Taktik als goldrichtig, denn der schwedische
Internationale erhielt von seinen Mitspielern insgesamt zu wenig Unterstützung;
von seinem Landsmann Mattias Steinholtz einmal abgesehen. Und auf der Gegenseite
nutzten Rychenbergs Angreifer weidlich aus, dass die Verteidiger der
Grasshoppers bei der Angriffsauslösung zu Fehlern neigen, wenn sie unter Druck
gesetzt werden. Es war daher wenig erstaunlich, dass mehr als ein Rychenberger
Tor fiel, nachdem der Ball eigentlich schon verloren war, mit aufsässigem
Nachhaken indessen wieder zurückerobert werden konnte.
Sowohl Adi Bosshard als auch Christoph Riedel
spielten schon mal für ihren heutigen
Gegner.
Das aggressive
Rychenberger Forechecking brachte es mit sich, dass die Mittelzone meist sich
selbst überlassen war und sich die Partie fast nur vor den beiden Toren
abspielte. Durch dieses Ping-Pong-Spiel kamen die 640 Zuschauer in den Genuss
von zahlreichen Torchancen, hüben wie drüben. Rychenbergs Vorteile lagen darin,
dass sie einerseits mit allen drei Linien Gefahr heraufbeschwören konnten,
während bei GC alles an Jihdes Fünfer hing, und andererseits, dass sie die paar
Quadratmeter unmittelbar vor dem Tor gut verteidigten, während bei GC die
defensive Knochenarbeit nicht zu den erklärten Passionen zählt. Mit Ausnahme von
Jihde kam daher kaum einmal ein Hopper im Slot zum Abschluss, während auf der
Gegenseite immer wieder Vorstösse gelangen. Rychenbergs Nationalverteidiger
Thomas Weber, der drei Tore zum verdienten Sieg beisteuerte, brachte es auf den
Punkt: „Wir hatten sehr viel Platz.“ Bestes Beispiel dafür liefert der Treffer
zum 8:3 in der 38. Minute, als sich Verteidiger Brühwiler hinter dem eigenen Tor
den Ball erkämpfte, unbehelligt diagonal übers ganze Spielfeld lief und mit
einem präzisen Hocheckschuss das Tor des Tages erzielte. Danach war das Spiel
endgültig entschieden.
Entscheidenden Einfluss auf den
Ausgang hatte Adrian Bosshard. Die Hoppers versuchten immer wieder, mit
Distanzschüssen zum Erfolg zu kommen, Rychenbergs Schlussmann bewies aber seine
gute Form und wiederholt wache Reflexe und war seiner Mannschaft ein sicherer
Rückhalt. Bei den Gegentoren war er aber ohne Chance. Brendler war die Freude
über den wegweisenden Erfolg deutlich anzusehen. Gezweifelt habe er nur bis zum
1:0. Ein Rückstand hätte möglicherweise Skepsis an der gewählten Taktik mit sich
gebracht. Insgesamt hätten sie gut, ein attraktives Spiel geboten und gewonnen.
Was wolle man mehr. Da lässt sich auch verschmerzen, dass die Gegentore 1 bis 3
eher ins Kuriositätenkabinett gehörten denn aufs Spielfeld.
HCR-Trainer Brendler freut sich schon auf die
PlayOffs.
Durch diesen Sieg
gegen die zuvor sechs Mal in Folge siegreichen Grasshoppers konnte Rychenberg
den Vorsprung auf den fünften Platz wieder auf komfortable acht Punkte ausbauen.
Brendler sprüht vor Zuversicht: „Ich will mich nicht zum Fenster hinauslehnen,
aber es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir die Playoff-Halbfinals
noch verpassen sollten. Meinetwegen könnten sie jetzt schon
losgehen.“
HC Rychenberg Winterthur – Grasshopper-Club Zürich 9:5 (3:2, 5:1, 1:2)
Oberseen, Winterthur - 640 Zuschauer
SR: Oliver Schwingenschrot/Roland Servodio
HC Rychenberg Winterthur: Adrian Bosshard; Conradin Luzi, Thomas Weber; Lukas Widler, Sebastian Brühwiler (ab 55. Min. Gabriel Vanzella); Jonas Grunder, Radim Cepek, Mark Schuler; Michael Zürcher, Simon Eichmann, Marco Bösch; Reto Leemann, Philipp Vollenweider, Andreas Fisch
Grasshopper-Club Zürich: Rico Mazzoleni; Philipp Leimbacher, Michel Schaffroth; Andreas Helbling, Michael Walthard; Christoph Riedel, Mattias Steinholtz, Niklas Jihde; Rinaldo Walser, Beat Schäli, Markus Schmid; Mario Scherrer, Oliver Böllenrücher, Thomas Muggli
Tore: 3. Radim Cepek (Jonas Grunder) 1:0. 9. Philipp Vollenweider (Radim Cepek; Ausschluss Mattias Steinholtz) 2:0. 12. Markus Schmid (Rinaldo Walser; Rychenberg versehentlich nur mit vier Spielern auf dem Feld!) 2:1. 16. Jonas Grunder (Thomas Weber) 3:1. 20. (19:59) Niklas Jihde (Christoph Riedel; Ausschluss Thomas Weber) 3:2. 23. Thomas Weber (Mark Schuler) 4:2. 25. Mark Schuler (Jonas Grunder) 5:2. 28. Niklas Jihde (Mario Scherrer) 5:3. 34. Thomas Weber (Philipp Vollenweider; Ausschluss Michel Schaffroth) 6:3. 38. (37:03) Michael Zürcher (Jonas Grunder; Ausschluss Simon Eichmann!) 7:3. 38. (37:53) Sebastian Brühwiler 8:3. 53. Niklas Jihde (Christoph Riedel) 8:4. 54. Oliver Böllenrücher (Thomas Muggli) 8:5. 57. Thomas Weber (Michael Zürcher; Strafe gegen Mario Scherrer soeben abgelaufen) 9:5.
Strafen: HC Rychenberg Winterthur 6x2 Min. (20. Min. Thomas Weber, 29. Min. Michael Zürcher, 34. Min. Sebastian Brühwiler, 36. Min. Simon Eichmann, 49. Min. Reto Leemann, 58. Min. Andreas Fisch), Grasshopper-Club Zürich 3x2 Min. (8. Min. Mattias Steinholtz, 32. Min. Michel Schaffroth, 55. Min. Mario Scherrer).
Bemerkungen: 30. Min. Mattias Steinholtz, 45. Min. Thomas Weber mit Stangentreffern, Beim HC Rychenberg Winterthur fehlten Pascal Huber, Marcel Peter (bei den Elite-Junioren eingesetzt), Sven Kälin und Daniel Villiger (beide verletzt). Nicht eingesetzt wurden Joël Bale, Andreas Böhm, Reto Diener und Thomas Rufer. HC Rychenberg Winterthur über sechzig Minuten mit drei kompletten Blöcken mit Thomas Weber (1.-60. Min.), Simon Eichmann (1.-20. Min.) und Sebastian Brühwiler (21.-54. Min.) mit Doppeleinsätzen als drittes Verteidigerpaar. 38. Min. Timeout Grasshopper-Club Zürich. Ab der 58. Min. (57:28) Grasshopper-Club Zürich immer wieder mit einem zusätzlichen Feldspieler anstelle des Goalies
Best Players: Schuler / Steinholtz