"Als Flügel wirst du immer an Punkten gemessen"

Michael Schiess hat an seiner ersten Weltmeisterschaft bereits fleissig Punkte gesammelt und mit Manuel Maurer den idealen Sturmpartner gefunden. Der Offenisvspieler von Waldkirch-St. Gallen nimmt in der Nationalmannschaft eine leicht andere Rolle ein und muss geduldiger agieren. Eine Umstellung, die für Schiess kein Problem darstellt.

Von aussen wirkte das Spiel gegen Tschechien sehr ausgeglichen. Phasenweise wart ihr besser, dann wieder sie. Wie hat es sich auf dem Spielfeld angefühlt?
Wir konnten zwar wieder früh ein Tor schiessen und es ging zu Beginn ein bisschen wild zu und her. Ab dem zweiten Drittel hatten wir mehr Kontrolle in unserem Spiel und liessen uns nicht aus der Reserve locken. Das war wohl schlussendlich der ausschlaggebende Punkt.

Im Mittelabschnitt machte es den Eindruck, als hätte die Schweiz Mühe gegen das hohe Pressing der Tschechen. Im letzten Drittel funktionierte es besser. Was habt ihr konkret dagegen unternommen?
Jede Linie hat eigene Massnahmen ergriffen, um dies besser zu lösen. Man darf nicht vergessen, dass es erst das zweite Spiel war - es ist normal, dass solche Probleme am Anfang noch auftreten. Wichtig war einfach, dass wir Lösungen gesucht haben.

Beide Teams agierten taktisch sehr diszipliniert, wodurch es nicht zu Torszenen en Masse kam. Die Geduld in seinem Spiel nicht zu verlieren, ist aber auch eine Qualität.
Ja, und trotzdem kann man sein Energielevel ziemlich schnell hochschrauben.

Du agierst bei WaSa stets als Steuerflügel und setzt die gegnerischen Verteidiger immer früh unter Druck. Hier spielst du als passiver Flügel und musst dich eher zurückhalten. Musst du dich manchmal selber zurückpfeifen?
Es stimmt, dass ich bei WaSa eine andere Rolle habe und dort etwas aktiver bin. Am meisten sieht man es wohl, wenn wir den Ball gewinnen - da starte ich manchmal schon zwei Schritte zu früh (schmunzelt). Aber auch hier: nach zwei Partien kann die Abstimmung in den Linien noch nicht perfekt sein.

In offensicher Hinsicht gab es keine Anzeichen, dass du als Linksausleger auf der «falschen» Seite irgendwelche Nachteile hast. Mit Manuel Maurer hast du auf Anhieb bestens harmoniert.
Wir haben uns wirklich sehr gut gefunden, vielleicht auch, weil wir beide schnelle Konter mögen. Es macht mir grossen Spass, in dieser Linie zu spielen. Wir unterstützen uns gegenseitig, kommunizieren auf dem Feld klar und deutlich und sprechen auch auf der Bank viel. Wir haben jetzt zwei gute Spiele gezeigt - es kann von mir aus so weiter gehen.

Du hast erst zwei WM-Spiele absolviert und bereits drei Mal getroffen. Diese Bilanz lässt sich sehen.
(schmunzelt) Ok, als Flügel wird man ja gerne nur an den Punkten gemessen. Ich kam aber nicht mit einem konkreten Punkteziel hier hin. Für mich ist es einfach wichtig, dass ich gut ins Turnier gefunden habe und dass es in meiner Linie gut funktioniert. Obwohl es mir natürlich auch gut tut, zu wissen, dass ich Tore schiessen kann und dies mein Selbstvertrauen fördert.

Der Sieg war für die Schweiz ungemein wichtig. So kann man sich ein Rechenspiel in der morgigen Partie gegen Deutschland ersparen.
So weit haben wir gar nicht gedacht. Wir wollten einfach dieses Spiel gewinnen. Ich denke nicht, dass wir anders in das Deutschland-Spiel gegangen wären, wenn wir heute nicht gewonnen hätten. Wir wollen uns noch den letzten Schliff für die K.O.-Spiele holen.

Zwei Spiele, zwei Siege. So weit so gut. Wo hat die Schweiz im Hinblick auf die Ausscheidungsspiele noch Steigerungspotential?
Es tauchten keine Sachen auf, über die wir uns grosse Sorgen machen müssen. Gestern waren wir mit unserem Auftritt nicht ganz zufrieden, obwohl es uns Norwegen auch nicht so einfach gemacht hatte. Heute machten wir in unserem Spiel nochmals einen Schritt vorwärts. Im Agieren mit Ball können wir uns sicher immer noch verbessern - aber wir haben ja noch ein bisschen Zeit.

Wie nimmst du deine erste persönliche WM generell wahr?
Es macht enormen Spass, mit den Leuten aus diesem Team Zeit zu verbringen. Ich versuche jeden Moment - so gut es geht - zu geniessen. Leider hatte es bis jetzt noch nicht so viele Zuschauer, aber vielleicht war das genau richtig, um ins Turnier zu finden.

Und eine Woche lang als Profi leben, das erlebst du auch nicht oft...
Das wird mich dann vielleicht nach meiner Rückkehr einholen, wenn ich einigen Lernstoff von meinem Studium nachholen muss. (lacht) Ich geniesse es sehr, einfach mal eine Woche an nichts anderes als an Unihockey zu denken.