12.
2014
Göteborg-Splitter, Teil 5
Was machen wenn die Schweiz frei hat? Genau - ab nach Liseberg. Nicht bekannt? Dann weiterlesen. Und sonst auch. Hier unsere Splittergeschichten von A wie Australien bis Z wie Zittern.
Die Schweiz ist spielfrei. Was macht der pflichtbewusste unihockey.ch-Journi? Nein, nicht ins Training der Schweizer (dürfte er wohl gar nicht), sondern die Spiele der anderen Nationen anschauen. Gesagt getan - auf Shopping hatte die männliche Belegschaft keine Lust und für Erkundungstouren war das Wetter zu stürmisch und nass.
Erste Station: Liseberghallen. Also quasi die «B-Halle». Durch einen versteckten Hintereingang dürfen Medien, VIP, Schiedsrichter und Volunteers in die Halle. Und kaum dort, verliefen wir uns schon ein erstes Mal. Respektive hatten nicht realisiert, dass der Raum am Ende des Ganges der VIP-Raum war und «nur» die Küche gleich nebenan der Medienraum. Aber Küche und Medienraum - eine gute Kombination. Zum Essen waren wir natürlich nicht da, darum schnell weiter in die Halle. Diese trieft vor Geschichte: Jahrelang spielte Pixbo seine Heimspiele in dieser engen, aber auf drei Seiten mit Tribünen umgebenen Halle. «Können wir die gleich mitnehmen in die Schweiz?», fragte unser Fotograf Erwin sofort.
Auf dem Feld sorgen Japan und Australien für Spektakel, auf der Tribüne die beiden lautstarken Fangruppen. Eine herrliche Atmosphäre, um Lichtjahre besser als (ausser bei den Schweden-Spielen) im riesigen Scandinavium gleich nebenan. Dabei ging es «nur» um die Qualifikation für das Spiel um Rang 13 oder 15 - beide hatten die Qualifikation für die Playoffs verpasst. Das Spiel lebte von Leidenschaft und Einsatz - und viel Lärm. Vor allem die Japaner waren phonetisch nahe dran an einem startenden Flugzeug. Die Australier taten sich schwer und schossen erst spät ihre Tore. Erst kurz vor Schluss traf auch Japan zweimal - zu spät, Australien gewann 4:2. Die Japaner müssen nun gegen Südkorea um den letzten Rang an dieser WM spielen.
Nach der eindrucksvollen Erfahrung erst mal frische Luft schnappen, hiess das Motto. Also raus in den Liseberg-Vergnügungspark. Dieser ist der grösste Vergnügungspark Nordeuropas (20 Hektaren) und wurde 1923 eröffnet. Im letzten Jahr besuchten 2,9 Millionen Besucher Liseberg. Auch wir taten uns gütlich im amerikanisch angehauchten Park. Höhepunkt war die Fahrt auf dem 60 Meter hohen Riesenrad, inklusive einer tollen Aussicht auf Göteborg. Allen WM-Zuschauern können wir einen Aufenthalt im Park nur empfehlen. Der Weihnachtsmarkt ist der grösste Schwedens.
Der Abschluss war der Besuch des Achtelfinals Deutschland gegen Dänemark. Auf 50:50 bezifferten unsere deutschen Freunde die Chancen, «vielleicht auch 50:60», wie scherzhaft ergänzt wurde. Bis zur 58. Minute lief alles nach Plan, Deutschland führte 3:1 und die Stimmung auf der Medientribüne war heiter bis entspannt. Dies auch weil gewisse Teile des deutschen Medienteams sich beim Lesen des neuen unihockey.ch-Magazins in die tiefblauen Augen Lena Cinas (Wizards Bern Burgdorf) verguckten. Zur grossen Enttäuschung mussten wir dann mitteilen, dass der Wizards-Captain schon vergeben ist.
Doch dann folgte eben die angesprochene 58. Minute. Rychenbergs Benjamin Borth leistete sich eine ärgerliche Strafe, was die Dänen sofort ausnutzten. 3:2, es würden heisse zweieinhalb Minuten warten, dachten alle. Falsch gedacht. Nur 24 Sekunden später glich Dänemark auch noch aus. Fortan hiess es Zittern und Leiden bei jedem dänischen Abschluss, Hoffen und Bangen bei jedem deutschen. Erst bis Ende der regulären Spielzeit, dann auch während den zehn Extraminuten. Ein Nervenkitzel der Extraklasse. Deutschlands Social-Media-Perle Lena versteckte sich schon unter dem Tisch.
Entscheiden musste das Penaltyschiessen. Auch da führte Deutschland nach dem Treffer von Dominic Mucha im zweiten Durchgang lange. Erst im vierten Anlauf konnte Dänemark die Hürde Mike Dietz überspringen. Die beiden letzten vergaben, es kam zum 1:1-Vergleich. Dominic Mucha verzog, Dänemarks Kim äh Brian Nielsen traf - und rannte gleich jubelnd die Tribüne hinauf zu seinen Liebsten. Die Freude war riesig bei Dänemark (wie auch das untenstehende Bild zeigt, das kurz später vom dänischen Verband auf Facebook aufgeschaltet wurde). Umso grösser war die Enttäuschung bei Deutschland. Noch vor zwei Jahren gelang der Vorstoss in den Halbfinal, am letzten Samstag erfolgte die viel beachtete Aufnahme in den olympischen Sportbund, dazu wurde die WM medial viel breiter beachtet, als in den Vorjahren. Und jetzt raus im Achtelfinal. Eine bittere Geschichte.