11.
2022
WM-Splitter 2
Heute beginnt für die Schweiz die KO-Phase der Heim-WM. Bevor die Medaillenjagd anfängt, liefern wir noch einmal eine geballte Ladung kleiner, unterhaltsamer Geschichten rund um den Grossanlass in Zürich-Altstetten und Winterthur.
Durstiger Laptop
Claudio Thoma (ex-Floorball-Thurgau) zieht als Fotograf oft durch die Schweizer Fussballstadien. Anlässlich der Unihockey-WM darf er endlich wieder einmal „seinen" Sport ausgiebig knipsen. Am Mittwochabend war aber trotzdem wieder Fussball angesagt, Thoma deckte die Cup-Partie zwischen Wil und Sion ab. „Mein Laptop hat jetzt schon mehrere Tage in Folge keine Bierdusche mehr abbekommen, er vermisst sie schon fast", sagte Thoma, der seinen Arbeitsplatz jeweils direkt vor den Fankurven hat.
Torreiches Media Game
Er gehört zu den fixen Programmpunkten an jeder WM: Der Unihockey-Match zwischen den Medienvertretern. In der Regel wird versucht, eine Mannschaft aus dem Gastgeberland und ein internationales Team zu bilden. Dass dieses Vorhaben 2022 scheiterte, liegt auch an der Abwesenheit der sechsköpfigen unihockey.ch-Delegation. Tut uns leid! Dennoch hatten die Journis am Mittwochabend viel Spass. Zwei Minuten vor Schluss lautete das Resultat 13:13, ehe das Team mit den dunklen Leibchen noch zwei Tore schoss. Im Siegerteam waren unter anderem die IFF-Vertreter, zu den Verlierern gehörte unter anderem Lars Nay von MySports. Gemäss Fabienne Fisch, Projektverantwortliche der Kommunikation für die WM 2022 bei swiss unihockey und am Medienspiel als Speakerin engagiert, gehörte er aber zu den besten Spielern.
Super-Fan geht fremd
Das Spiel Lettland gegen Deutschland verfolgten nur ein paar hundert Fans, die Swiss Life Arena wirkte nach dem tollen Schweizer Spiel am Sonntag schon fast unheimlich leer. Einer fiel unter den lettischen Fans sofort auf: Finnlands "Super-Fan" Tero Töyrylä, sogar mit einem Trikot ausgestattet. Warum dieser "Gastauftritt"? "Peteris Treske spielt bei uns in Turku für TPS, Captain Artis Raitums war auch mal im Club", erzählt er. Töyryläs erste WM war die der U19 Männer im Jahr 2009 in seiner Heimatstadt Turku, seither ist er auch auf der internationalen Bühne bekannt. TPS? Wir nennen den Namen Seraina Fitzi. "Sie ist eine tolle Spielerin!" Töyryläs strahlt. "Sie hat einen energiegeladenen Spielstil - der Trainer sollte ihr eine wichtigere Rolle geben. Wir können froh sein, ist sie nicht nach einer Saison wieder in die Schweiz gewechselt", sagt er. Als hätte sie ihn gehört, schoss die Thurgauerin am Mittwoch beim 6:3-Sieg ihres Teams gegen EräViikingit drei Tore. Doch zurück zur WM. Der Super-Fan war zuvor schon beim Spiel Australien gegen die Philippinen. "Bei den Philippinen spielen so viele Schweden, die durften einfach nicht gewinnen!" Er lacht laut. Akustisch hielt er sich allerdings zurück. "Ich brauche meine Stimme noch für Finnland." Ob er am Finalwochenende die Schweiz anfeuert, wenn sie nicht gegen Finnland spielen muss? "Ihr braucht mich doch nicht, ihr habt so viele tolle Fans und eine tolle Stimmung", schmunzelt Töyrylä.
Die üblichen Lücken
Es ist ein bekanntes Ärgernis, das die Fans aus vielen Sportarten kennen. Ein Stadion oder eine Halle wird als ausverkauft vermeldet, obwohl offensichtlich viele Plätze frei bleiben. In der Regel lassen sich diese freien Plätze ziemlich genau lokalisieren - auf der VIP-Tribüne. Auch beim Gastspiel der Schweizer Nati am letzten Dienstag in Winterthur waren die Lücken klar erkennbar, es blieben gar ganze Reihen leer, obwohl „Otto Normalverbraucher" keine Tickets mehr kaufen konnte. Unsere Kollegen vom „Landboten" gingen der Sache nach und erhielten die Auskunft, die es in solchen Fällen immer gibt - die Plätze gehörten zum Kontingent der IFF und von Sponsoren, die nicht benutzt und trotzdem nicht freigegeben wurden. Im Ticketshop sind für den Samstag aktuell nur noch ein paar Dutzend Tickets erhältlich, der Sonntag scheint definitiv ausverkauft. Für die leeren VIP-Plätze schöpfen wir auch gleich ein neues Wort: Das Spiel ist ausverschenkt!
Mama kauft Tickets
Die Familie Conrad schaffte es, sich Tickets für Schweizer Dienstag in Winterthur zu ergattern. Punkt 18 Uhr nahm Familie Conrad auf ihren Sitzen in der Axa Arena Platz. Reichlich Vorfreude bei Nils Conrads Bruder Levin und seinen Eltern. Üblicherweise spielt das Brüderpaar gemeinsam für den HCR, diesmal ist der kleine Bruder nur als Fan dabei. Dank dem Einsatz der Mutter sind sie an der WM hautnah mit dabei: "Mama schaut jeweils für gute Plätze", meint Levin im Videointerview mit unihockey.ch auf Instagram, ein etwaiges Kontingent an Freikarten gab es für die Teamkollegen von Bischi, Päsci und Nils nicht.
Solche Tage und solche Tage
Berichte über Schiedsrichter an einer WM sind immer etwas heikel. Meist werden die Unparteiischen vom Weltverband abgeschirmt, wenn man trotzdem ein Interview machen will, wird dieses von einem Vorgesetzten aus dem Team der Referees gegengelesen und allenfalls noch etwas "frisiert". So beschränkt sich die Berichterstattung auf IFF-Eigenproduktionen mit eher banalen Fragen. Immerhin zeigen sich auch die Spieler diplomatisch. Bei einem Gruppenspiel kannte ein Spieler, dessen Name uns gerade entfallen ist, die Spielleiter aus dem heimischen Ligabetrieb. Die Partie mutierte phasenweise zum "Stockschlag-Festival", wie man in der Schweiz sagen würde. Ob das wirklich die besten Schiris seiner Liga seien, wollten wir von dem Spieler scherzhaft wissen - er überlegte kurz und meinte: "Ich glaube, bei den Schiedsrichtern ist es wie bei uns Spielern: Sie haben mal solche Tage, und mal solche Tage." Schleichwerbung für die Konkurrentin einer an der WM gut sichtbaren Krankenkasse sicherlich ungewollt.
Jubiläum und Missverständnis
A propos Schiedsrichter. Das Schweizer Duo feierte an dieser WM das 400. gemeinsam gepfiffene Spiel - wir ziehen den Hut vor Corina Wehinger und Sandra Zurbuchen. Angefangen hat ihre gemeinsame Karriere vor 17 Jahren bei Floorball Köniz, und zwar mit einem kleinen Missverständnis. Zurbuchen war schon seit zwei Jahren Schiedsrichterin und suchte eine neue Partnerin. Vor versammeltem Team erklärte sie ihre Situation, blickte fragend in die Runde und sprach schliesslich jemanden an: "Willst du?" - die positive Antwort kam von Wehinger, dabei war eigentlich die Spielerin direkt vor ihr gemeint. Also hiess das Duo fortan Wehinger/Zurbuchen. Eine Bedingung stellte die erfahrenere Zurbuchen aber: "Du hörst dann nicht nach einem Jahr schon wieder auf!" Der Rest der Erfolgsgeschichte ist bekannt.
Database Error
Wir erwähnten, dass in Zürich und Winterthur fast alles reibungslos klappt. Ein Makel bleibt, die WM-Website scheint regelmässig ein bisschen am Anschlag zu laufen. Immer wieder erhalten wir die Fehlermeldung "Error establishing a database connection" - unsere Informatikkenntnisse sind jedoch zu bescheiden, um daraus schlau zu werden. Was hilft: F5, F5, F5. Meist ist das Problem innert weniger als einer Minute behoben.
Eine geht noch
Zu den Jubilaren an dieser WM gehörten auch Alexander Galante Carlström (100. Länderspiel für Schweden) und sein Teamkollege Rasmus Enström (200. Skorerpunkt). Sie bestritten ihre erste WM 2014 in Göteborg, und mit einer Heim-WM soll die internationale Karriere auch enden. Wie sie gegenüber Falu-Kuriren erzählen, möchten beide in zwei Jahren in Malmö noch einmal dabei sein. 35 Jahre alt wären die beiden Ausnahmekönner dann. "Unbedingt - das ist ein Traum", sagt Enström, während Galante ergänzt: "Voraussetzung ist natürlich, dass ich von Verletzungen verschont bleibe."