02.
2013
Emotionen mit Eiern
Es war kurz nach Anpfiff seines ersten Spiels auf einem Schweizer Unihockeyfeld. Unser damaliger Schwedische Verstärkungsspieler stand direkt neben unserem Torhüter, der sich gerade noch einen Ball vor dem Gegner krallen konnte. Der aufgelaufene Stürmer gab sich damit aber nicht zufrieden, rückte dem Torhüter auf die Pelle und stocherte in bester Curling-Manier noch nach dem Ball. Als er plötzlich den Stock von unserem damaligen Elch-Panzer im Rücken spürte und kurzerhand zwei Meter von unserem Kasten weg bugsiert wurde. Was darauf folgte war ein heftiger Fox40 Pfiff von einem kleinen, schwarzgekleideten Mann, der ganz angestrengt den einen Arm in die Höhe hob, um mit zwei Fingern Frieden zu fordern und mit dem anderen Arm wild auf unseren Nordländer zu zeigen. Dieser wiederum verstand die Welt nicht mehr, sah er sich doch als Verteidigungs-Mama, die nur ihren kleinen Torhüter beschützen wollte. Was folgte war Rudelbildung um eine Fox40 und einem emotionalen Wortgefecht aller beteiligten Parteien. Die friedenbringende Massnahme mit einer Strafe liess sich jedoch nicht mehr aus der Welt diskutieren. Das Spiel war ab diesem Zeitpunkt aber jedenfalls lanciert und Emotionen auf beiden Seiten im Überschuss vorhanden.
Die Geschichte von diesem ersten Spiel auf einem Schweizer Unihockeyfeld erzählen wir uns noch heute, wenn ich unseren damaligen Schweden einmal im Jahr im hohen Norden besuche. Gerade weil er mit seinem beherzten Körperspiel nicht nur auf sich aufmerksam machte und das belebende Element „Emotion" ins Spiel brachte, sondern weil er anschliessend mit drei Toren und einem Assist auch spielerisch dem Spiel seinen Stempel aufdrückte. Am Ende ging die Partie in der Verlängerung verloren, doch es war so spannenden und emotional, dass wir uns noch heute daran erinnern können.
Nun beginnen bei uns in gut einer Woche die Play-off Spiele. Acht Teams kämpfen um den Titel des Schweizer Meisters. Damit enden dann hoffentlich die emotionslosen Spiele, die frühzeitig endschieden sind, die vor beinahe leeren Zuschauerrängen über die Bühne gehen oder in denen müde Spieler lustlos über das Feld stolpern.
Ab dem 9. Februar will ich Emotionen sehen. Als neutraler Zuschauer ist es mir egal, ob positiv oder negativ. Was ich sehen will sind Spieler, die sich in diesen Playoff-Spielen voller Leidenschaft auf dem Feld zerreissen. Dann bin ich auch bereit fünf Franken mehr für eine Play-off Partie zu bezahlen, wenn mir der Kassier garantiert, dass nun aber endlich Feuer unter dem Dach ist. Nicht so wie vor einigen Wochen als ich mich für ein Zürcher Derby HCR gegen GC entschied und vor 185 Zuschauern am Mittwochabend ein höchst laues Geknorze präsentiert bekam.
Liebe Spieler „Mir sind parat." Mir, die Zuschauer, auf Play-off. Acht Teams haben dieselben Chancen auf den Titel. Ich freue ich mich auf Tiger-Mamas, die ihren Philipp versuchen mit kompromisslosen Blocks vor Bällen zu beschützen, mutige Grashüpfer, die es wagen eine ganze Horde Steinböcke herauszufordern oder junge Alligatoren, die nach der Quali das Killer-Gen erkannt haben und nun erst recht Appetit auf mehr verspüren. Mehr Emotionen brauche ich oder wie es Oliver Kahn sagen würde „Eier, wir brauchen Eier!".
Bisher sahen sich gerne die Schiedsrichter für das emotionale Element in einem Spiel verantwortlich und so manch SML-Spieler sparte wohl seine emotionalen Momente in der Qualifikation noch auf. Doch damit ist nun hoffentlich Schluss, denn ich hab gewaltig Lust auf Rudelbildung, Privatduelle, Jubelschreie, Tunnelopfer, Buebetrickli, Schulterchecks, Tiki-Taka, Penalty-Killer und vor allem auf unauffällige Fox40 Pfeifen. Ich nehme sogar eine hysterische Spielermutter oder einen vorlauten Sportchef mit feuchter Aussprache auf dem Sitzplatz hinter mir in Kauf. Hauptsache Emotionen werden geboten.
Ich freue mich auf emotionale Play-off Duelle an die ich mich hoffentlich ebenso lange erinnern mag wie an die Anfangsgeschichte, eine 1/64 Final-Partie des Schweizer Cups, im Hochsommer vor einer Ewigkeit.