03.
2012
Kein schlechter Film
Eine Playoff-Serie im Unihockey kann mitunter sehr unterhaltsam sein. So unterhaltsam, dass sie es durchaus auch mit dem Fernsehprogramm aufnehmen kann. Insbesondere jetzt, wo auf dem Schweizer Fernsehen wieder die Suche nach den grössten Schweizer Talenten begonnen hat.
Eine Unmenge Talent gibt es schliesslich auch in einer Playoff-Serie zu bestaunen. Gleichzeitig schafft es so ein einfaches Spiel innerhalb von zwei Stunden sehr kompakt verpackt, gleich mehrere Filmgattungen in sich zu vereinen. Ob Krimi, Horror, etwas Schulfernsehen, amüsante Kindersendung bis hin zu einer Liebesschnulze, lässt sich alles im Programm wiederfinden.
In der siebenteiligen Serie zwischen den Unihockey Tigers und Rychenberg Winterthur wurde den Zuschauern wohl so jedes Filmgenre einmal präsentiert. Manchmal waren die Spiele hart umkämpft und glichen einem spannenden Krimi wie "Derrick". Nur der Tatort änderte regelmässig zwischen Biglen und Oberseen. Manchmal war die Luft durch ein verschlafenes Drittel einer Mannschaft frühzeitig draussen, weshalb das Spiel sehr gut in die Serie GZSZ gepasst hätte. Manchmal war es wie Schulfernsehen, wenn die Schiedsrichtern den Herren Spieler wieder einmal etwas Regelkunde vermittelten. Selten fand man sich gar in der Politsendung "Arena" wieder, wenn man beobachten konnte, wie die Spieler vehement und in bester Blocher-Manier ihren Standpunkt vor den Spielleitern vertraten. Am Schluss musste dieser dramatische Viertelfinal-Thriller in einer oscarwürdigen Verlängerung im siebten Spiel entschieden werden. Wie im Film "Gangs of New York" von Martin Scorsese fasste sich „The Butcher" Simon Stucki ein Herz und erzielte als Anführer der Natives (Einheimische) den erlösenden Siegestreffer. Was als Thriller begann, war am Ende für die Winterthurer ein tieftrauriges Drama an jenem verdammten Sonntag. Für die Tigers war es zum Schluss eine einzige moderne Liebesgeschichte a la "Brokeback Mountain", in der gestandene Männer nur noch diesen Pfundskerl Stucki küssen und umarmen wollten. Ein schnulziges Happy End einer grossartigen Playoff-Serie.
Bei näherer Betrachtung machten einige SML-Akteure in ihren jeweiligen Leinwandrollen dabei eine tolle Figur. So löste zum Beispiel Philippe Soutter alias Benno Berghammer in „Der Bulle von Langnau" auch diesen Kriminal-Fall meisterlich. Kopfzerbrechen bereiteten Benno besonders die vier Ausländer von Winterthur, welche man als „Die Daltons" der Liga bezeichnen konnte. Jukka Kinnunen, der Taktiker alias Joe Dalton, als der kleinste, älteste und Anführer der Bande. Voitech Skalik und Mikael Lax als William und Jack Dalton. Mikko Hautaniemi alias Averell Dalton, ist sicherlich nicht der Dümmste der Vieren, aber auf alle Fälle der Grösste.
Apropos dumm: Die Rolle in "Dumm und Dümmer" wollte in dieser Serie unbedingt der Winterthurer Sacha Dolski belegen. Um Jim Carrey noch ähnlicher zu sehen, schlug er sich dafür in Spiel 4 extra noch ein Stück seiner Zahnschaufel an einem Bandenelement heraus. Das nennen wir Einsatz. Als Jackie Chan machte erneut Joel Krähenbühl auf sich aufmerksam. Mit seinem Speed und seiner Beweglichkeit war er kaum in den Griff zu bekommen. Eine etwas brachialere Rolle spielte Rolf Lüthi, der in bester Bud Spencer Manier vor allem in Powerplay zum Einsatz kam und dort mit zwei Fäusten jeweils für ein Halleluja sorgte.
Auch Pascal Meier überzeugte in seiner Rolle als Sascha Ruefer, als er einen Tiger höflich darauf hinwies, dass Simon Ammann bereits am Vortag gesprungen sei. Dabei probte dieser Tiger nur seine Rolle im neuen "Free Willy"-Film.
Wo oben bereits angedeutet, darf die Liebe in einer derart intensiven Serie auf keinen Fall fehlen. So kamen sich Felix Buff und Phillip Gerber als "Chuck und Larry" einige Male etwas näher und verbrachten knisternde Momente zusammen im Schutzraum.
Für die Winterthurer Schauspielgruppe ist die Spielzeit seit vergangenem Sonntag zu Ende. Zeit für eine Auszeit. Das illustre Hollywood-Team aus Langnau wird weiterhin auf Tournee sein. Auf die mindestens vierteilige Tierdokumentation „Fressen Tiger auch Grashüpfer?" darf man gespannt sein. Und solange sich SF die Rechte an den Playoff-Spielen weiter nicht leisten kann, schaltet die Kiste im Wohnzimmer ruhig aus und besucht ein Halbfinalspiel. Bei genauerer Betrachtung findet man so die grössten Schweizer Talente binnen sechzig Minuten, und die Gefahr, DJ Bobo zu begegnen, ist vergleichsweise gering.
Ich wünsche den Teams im Halbfinale eine tolle Serie und viel Erfolg.