04.
2014
Masseneinwanderungsinitiative
Irgendwann in den frühen 90-er Jahren. Ein gerade ziemlich desaströs verlorenes Trainingsspiel gegen einen Zürcher Meisterschaftsfavoriten. Auf der Tribüne sass ein gerade mal knapp 18-Jähriger Finne, der eben erst gelandet war und sich das Debakel seiner neuen Mannschaft mit ansehen musste. Danach weiter in das vorsaisonale Trainingslager irgendwo in einen Luftschutzbunker im Thurgau. Übernachtung in derselben mit vorgängigem, kollektivem Frusttrinken und erlernen nordischer Geselligkeitskultur inklusive Trinklieder.
Meine erste Begegnung mit einem ausländischen Mitspieler.
Sie kamen und sie gingen. Immer mehr wagten den Schritt. Einige blieben. Letzthin begrüsste mich und meine Kunden ein ehemaliger schwedischer Spieler mit dem Titel „Hoteldirektor". Anstelle in Stockholms Bronx - dem Schmelztiegel Balrog - Autos zu klauen oder im Knast zu landen, empfängt und bewirtet er nun Gäste in Chur. Andere verkaufen Unihockeyartikel. Einige mussten mit Heimweh vor Saisonmitte wieder zurückkehren, andere mit Schimpf und Schande hinausgeworfen werden. Die Jobs reichten vom Gestelleinräumer bis zum IT- Mann - je nach Laune und Arbeitsmoral. Einige bauten sich nach ihrer Rückkehr in den Norden schöne Häuser mit dem gesparten Geld, andere arbeiten immer noch bei IKEA.
Manche waren gut, andere nicht, Weltklasse nur einer; dieser dafür gehasst, verdammt, vergöttert. Zwischenmenschlich erwiesen sich die nordischen Eigenschaften als ziemlich nützlich bei der Integration - ins Team als auch und vor allem in die weibliche Fangemeinde. Arbeitstechnisch stellte sich schnell heraus, dass Schwedens Sozialstaat eher arbeitsscheue Mitbürger hervorbrachte. Während die finnischen Landsleute eher schweizerische Tugenden in sich trugen, wurden die tschechischen Spieler zu gesuchten Mitarbeitern - ob wegen der Arbeitsmoral oder eher aus lohntechnischer Sicht, bleibe dahingestellt.
Die Suche nach (richtigen) Verstärkungsspielern gestaltete sich schon damals als schwierig. Heutzutage braucht es Glück und eine gut gefüllte Portokasse für die Topshots, damals lief vieles auf gut Glück, was die Erfolgsquote anfangs eher bescheiden hielt. Wenn ich mir heute die unzähligen Transfers auf der IFF Page ansehe, dann wundere ich mich, wo die ausländischen Spieler alle unterkommen. Die Versuchung scheint immer noch gross, sein Glück in der Goldgrube Schweiz zu suchen. Und sei es in einer unteren Liga irgendwo im Nirgendwo.
Jedem Spieler/ Trainer/ Club, dem es vergönnt geblieben ist, einen der wenigen Ausnahmekönner im Team zu haben, sei nur so viel verraten: diese Spieler sind Persönlichkeiten, die nicht nur die Mitspieler besser machen, sondern die Menschen in den Clubs bewegen und mitreissen. Und ebenso die Gegenspieler und deren Clubs fordern. Denn es muss der Anspruch jedes Sportlers sein, sich mit den Besten zu messen. Und wenn dies Ausländer sind, dann ist Missgunst und Argwohn der falsche Ansatz, sich diesen in den Weg zu stellen. Genau so, wie Ausländer- Kontingente uns Schweizer nicht aus unserer provinziellen Lethargie reissen werden.
Gwunderli 178.198.147.12
05. 04. 2014
Bergfloh 178.199.140.116
04. 04. 2014