Der Herausforderer
Der Name Zellweger löst in der Ostschweiz immer noch Begeisterung aus. Einst wegen Sepp Zellweger, dem einstigen Weltklasseturner aus St.Margrethen, der an zwei olympischen Spielen teilnahm. Oder auch wegen Marc Zellweger, dem langmähnigen Kultverteidiger des FC St. Gallen, der einst in den Schlussminuten einen Penalty hielt und dann auf die Frage, ob er die richtige Ecke erahnt habe, trocken meinte «ich kann nur nach rechts hechten, also sprang ich dorthin». «Zelli» wird auch Andrin Zellweger gerufen, zum Kultspieler in der Gallusstadt hats dem 24-Jährigen aber noch nicht gereicht. Ein klassischer Fall von «falsche Sportart ausgewählt», zumindest in St. Gallen. Dort kennt man zwar den UHC Waldkirch-St. Gallen - oder halt einfach UHC WaSa - und in den Fussgängerzonen sieht man dann und wann auch junge Leute mit einem Unihockeystock in der Hand. Doch die grossen Renner sind der FCSG und die Handballer. Mit St. Otmar St. Gallen (Männer) und dem LC Brühl (Frauen) spielen zwei Teams in der jeweils höchsten Liga. An dieser Vormachtstellung konnte der UHC WaSa bis heute nicht rütteln. Das Problem: Zwar besitzt der breit abgestützte Verein eine hervorragende Nachwuchsförderung. Das Fanionteam turnt aber seit Jahren im Tabellenkeller und ist jeweils froh, wenn der Ligaerhalt geschafft wird. Die Folge: Die grössten Talente verlassen Waldkirch-St.Gallen früh. Claudio Mutter (Wiler-Ersigen), Andrin Hollenstein (Tigers Langnau) oder Fabrice Göldi (Grasshoppers) als jüngste Beispiele genannt. Andrin Zellweger hielt den Verlockungen lange stand. Als Captain führte er die WaSa-Kogge trotz jugendlichem Alter durch so manchen Playout-Sturm. Als aber der Churer Assistenztrainer Lukas Thierstein anrief, kam Zellweger ins Grübeln. Frei nach dem Lied der Sängerin Natacha hiess das Motto «Söui, söui nid». Am Schluss war für Zellweger klar: «Diese Herausforderung reizt mich».
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Der Herausforderer
Als Captain führte Andrin Zellweger den UHC Waldkirch-St. Gallen in den letzten Jahren jeweils zum Ligaerhalt. Bei Chur Unihockey will der Appenzeller den nächsten Karriereschritt machen.
Der Name Zellweger löst in der Ostschweiz immer noch Begeisterung aus. Einst wegen Sepp Zellweger, dem einstigen Weltklasseturner aus St.Margrethen, der an zwei olympischen Spielen teilnahm. Oder auch wegen Marc Zellweger, dem langmähnigen Kultverteidiger des FC St. Gallen, der einst in den Schlussminuten einen Penalty hielt und dann auf die Frage, ob er die richtige Ecke erahnt habe, trocken meinte «ich kann nur nach rechts hechten, also sprang ich dorthin».
«Zelli» wird auch Andrin Zellweger gerufen, zum Kultspieler in der Gallusstadt hats dem 24-Jährigen aber noch nicht gereicht. Ein klassischer Fall von «falsche Sportart ausgewählt», zumindest in St.Gallen. Dort kennt man zwar den UHC Waldkirch-St. Gallen - oder halt einfach UHC WaSa - und in den Fussgängerzonen sieht man dann und wann auch junge Leute mit einem Unihockeystock in der Hand. Doch die grossen Renner sind der FCSG und die Handballer. Mit St. Otmar St. Gallen (Männer) und dem LC Brühl (Frauen) spielen zwei Teams in der jeweils höchsten Liga, dazu kommt noch Fortitudo Gossau, gleich vor den Toren der Stadt zuhause.
Der nächste Abgang
An dieser Vormachtstellung konnte der UHC WaSa bis heute nicht rütteln. Das Problem: Zwar besitzt der breit abgestützte Verein eine hervorragende Nachwuchsförderung. Das Fanionteam turnt aber seit Jahren im Tabellenkeller und ist jeweils froh, wenn der Ligaerhalt geschafft wird. Die Folge: Die grössten Talente verlassen Waldkirch-St.Gallen früh. Claudio Mutter (Wiler-Ersigen), Andrin Hollenstein (Tigers Langnau) oder Fabrice Göldi (Grasshoppers) als jüngste Beispiele genannt. Auch Armin Brunner feierte seine grössten Erfolge in der Fremde bei Alligator Malans.
Andrin Zellweger hielt den Verlockungen lange stand. Als Captain führte er die WaSa-Kogge trotz jugendlichem Alter durch so manchen Playout-Sturm. Als aber der Churer Assistenztrainer Lukas Thierstein anrief, kam Zellweger ins Grübeln. Frei nach dem Lied der Sängerin Natacha hiess das Motto «Söui, söui nid». Am Schluss war für Zellweger klar: «Diese Herausforderung reizt mich».

Andrin Zellweger nimmt die Herausforderung Chur Unihockey an. (Bild: Erwin Keller)
«Nahrhafter Kerli»
In St. Gallen lassen sie den Center der ersten Linie nur ungern ziehen. Trotzdem herrscht Verständnis für den Wechsel. «Es wird spannend sein, ihn bei einem anderen Verein spielen zu sehen», sagt Vater Albert Zellweger, ein Urgestein der St. Galler Unihockeyszene. Er war auch der erste Förderer von Andrin Zellweger. Der ehemalige Spieler des UHC St. Gallen baute vor mehr als 25 Jahren zuhause in Schönengrund im Appenzeller Hinterland einen Talentschuppen auf. Erst unter dem Namen TV St. Peterzell, dann als UHC Neckertal sorgten Zellwegers Schützlinge für Aufsehen.
Andrins älterer Bruder Adrian -heute bei Herisau in der 1. Liga tätig - gehörte zur ersten Generation wie auch Schwester Selina. Die jüngeren Zellwegers, Andrin und Rahel, eiferten den älteren Geschwistern eifrig nach. In Sachen Ehrgeiz war der jüngere Sohn die klare Nummer 1 in der Familie. «Es wurde aus allem eine Challenge gemacht», erinnert sich Selina Gantner-Zellweger. Egal, ob Triathlon in den Ferien oder Glacé holen. Die Stoppuhr lief, ebenso wie Klein-Andrin. Ein «nahrhafter Kerli», sei er gewesen, sagt Vater Albert. «In den Ferien in Italien konnten wir nicht einfach nur Karten spielen. Der Verlierer musste bei 35 Grad noch Liegestütze machen», bringt Schwester Rahel Zellweger ein weiteres Beispiel. Als Jüngste der Familie traf es sie oft, geschadet dürften die Liegestütze aber nicht haben - heute verteidigt sie beim UHC Dietlikon.
Seine grösste Stärke sieht die älteste Schwester in seiner Ausdauer. «Sah er eine Herausforderung, wie eine neue Sportart wie Tennis oder Badminton zu erlernen, war er täglich damit beschäftigt». Es sei ganz gut gewesen, dass er dann noch drei Geschwister gehabt habe, «so konnten wir uns abwechseln gegen ihn zu spielen, denn keiner von uns hatte eine Ausdauer wie er». Gar manchmal sei der Gedanke aufgekommen, «kann denn der nicht einfach nur in der Sonne liegen und mal nicht spielen?»
Karriere auf der Kippe
Zum Nichtstun war Andrin Zellweger dafür in den letzten Jahren oft gezwungen. Hüftbeschwerden setzten ihn für die ganze vorletzte Saison ausser Gefecht. Vereinfacht gesagt: Ein zu grosser Hüftkopf beschädigte die Hüftpfanne. Früh erkannt, hilft eine einfache Operation. Da Zellweger aber lange auf die Zähne biss und so erst spät zum Arzt ging und dieser dann obendrauf auch noch falsch behandelte, kam eine längere Pause zustande. Zwischenzeitlich stand seine Karriere gar auf dem Spiel. «Der Arzt war nicht sicher, ob ich je wieder auf meinem höchsten Niveau spielen kann», erinnert sich Zellweger.
Erst der zweite Arzt in der Hirslanden-Klinik nahm im November 2014 den richtigen Eingriff wahr. Die lange Pause hat den einst ungestümen Jungspund etwas «ruhigen» lassen. «Früher trainierte ich auch noch an freien Tagen. Heute weiss ich, dass Regeneration sehr wichtig ist», erzählt Andrin Zellweger. Der Gedanke an die Verletzung ist weiter da, auch wenn er derzeit schmerzfrei trainiert. Den Besuch beim Physiotherapeuten hat der 24-Jährige vorsichtshalber aufrechterhalten.
Vorbildlicher Spieler
In der nächsten Saison hat Andrin Zellweger viel vor. Bei Waldkirch-St. Gallen hat er den Abstiegskampf kennen gelernt, viel Verantwortung übernommen und ist so schon in frühen Jahren zum Führungsspieler gereift. «Er gab in jedem Training Vollgas», erinnert sich sein Ex-Trainer Yves Mohr, «auch wenn er wohl der Spieler war, der am meisten den Boden sah». Bei Chur steigt er in der Teamhierarchie wieder ganz unten ein. Immerhin ist er nicht allein. Mit Marcel Stucki und Sandro Aeschbacher von Grünenmatt kommen zwei weitere neue Schweizer Spieler. Die Integration bei den Bündnern fiel dem unkomplizierten Zellweger leicht. «Ein angenehmer Typ», sagt beispielsweise der Churer Stürmer Fabian Beeler, «man merkt auch, dass er ein helles Köpfchen ist». Der gelernte «Bänkler» holt derzeit die Berufsmatura nach. Oft werden die Schulbücher nun auch im Zug von Chur nach Gossau gewälzt. «Lernen kann ich nur nach dem Training», hat er schon rasch festgestellt.
Angst vor der neuen Herausforderung hat er keine. Schon ein paar Mal habe er sich einen Wechsel überlegt, nun schien ihm die Zeit reif. «Länger wollte ich nicht warten, nun passt es ideal für mich», so Zellweger. Die Unterstützung seiner Familie ist ihm dabei sicher. «Ich feue mich, dass er den Schritt gemacht hat», sagt Selina Gantner-Zellweger. «Er hat sicher noch Potenzial besser zu werden, da ist ein Tapetenwechsel oft nicht schlecht», sagt die ältere Schwester. Rahel, die jüngere hat den Schritt von St. Gallen zu einem NLA-Verein schon hinter sich. «Es wird mir ein bisschen schwerfallen, 'Hopp Chur' zu rufen, aber ich werde ihm beide Daumen drücken», verspricht die Dietliker Verteidigerin.

Playoff-Erfahrungen im Bündnerland statt Abstiegskampf mit WaSa? (Bild: Erwin Keller)
Endlich Playoffs spielen
Steigerungspotenzial sieht Vater Albert in vielen Bereichen. Vor allem aber in der Offensive, da bei WaSa oft die Abwehrarbeit im Vordergrund stand und Angriffe meist über Konter ausgeführt wurden. Etwas gar defensiv sei die Ausrichtung gewesen, befindet Albert Zellweger, der zuletzt den 1.-Ligisten Herisau bis vor zwei Jahren betreute. Vieles habe sich halt ergeben, entgegnet Zellweger Junior. Keine schlechten Worte findet er über Trainer Fabian Arvidsson, auch wenn dieser teilweise in der letzten Saison mit kuriosen Aktionen von sich reden machte.
So wie in Thun, als er nach einem schwachen Startdrittel mit vier Gegentoren in der ersten Viertelstunde seinen Schützlingen die Spielerbank im Mittelabschnitt wegnahm. Stehend warteten die WaSa-Akteure dann in der Auswechselzone auf den nächsten Einsatz. «Arvidsson macht seine Arbeit ganz gut, er ist ja auch noch sehr jung», so Zellweger über den 29-jährigen Schweden, der nach den Stationen in Chur und Langnau seit zwei Jahren die St. Galler trainiert. Mit dem Ligaerhalt in den Playouts - im Vorjahr gegen Mitteland (4:1), in diesem Jahr gegen Nachbar Thurgau (4:1) - hat Arvidsson das Saisonziel auch erfüllt.
Die Playoffs möchte Andrin Zellweger nun mit Chur Unihockey erleben. Die Zeichen dazu stehen gut. Zwar verliessen die Schweden Victor Ferraresi und Sebastian Gafvelin die Bündner, mit Paolo Riedi kam aber - neben den drei NLA-Zuzügen - ein in Schweden gereifter Torjäger zurück. Die Nationalmannschaft hat nicht nur Riedi im Blick. «Ich würde sicher nicht Nein sagen», weiss Andrin Zellweger, «das ist doch das Ziel jedes Sportlers». Der Name Zellweger ist in Chur noch unbekannt. Doch was noch nicht ist, kann ja noch werden.
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