Ausgabe 170, Dezember 2020 - Saison 2020/2021
Die Weltmeister
Gespräche mit notorisch wortkargen Finnen können ein schwieriges Unterfangen sein. Plaudertaschen sind auch Krister Savonen, Tatu Väänänen und Joonas Pylsy nicht. Aber sie nehmen zu jeder Frage Stellung - knapp, präzis und oft mit verstecktem Schalk. «Finnen sind einfach etwas scheu», sagt Väänänen. Er versteht seine Äusserung aber nicht so, als würde er sich für diese Charaktereigenschaft schämen. Viel mehr klingt es so, als sei dies eine Stärke der Finnen. Als könnten sie sich dahinter verstecken, wenn es brenzlig wird. «Vielleicht liegt es auch daran, dass bei uns die Distanzen viel grösser sind. Wir sind überfordert, wenn wir aus dem Haus gehen und plötzlich andere Menschen antreffen», mutmasst Väänänen herzhaft lachend. Savonen hält derweil nüchtern fest, dass seine Landsleute durchaus über Emotionen verfügen, aber diese schlicht nicht gerne zeigen. Scheu ist das Trio, das seit Sommer 2019 gemeinsam für den SV Wiler-Ersigen spielt, nur neben dem Feld. Mit dem Stock in der Hand haben es die Finnen schon mit jedem Gegner dieser Welt aufgenommen und jeden besiegen können. Für den Schweizer Rekordmeister ist das Weltmeister-Trio ein Glücksfall.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Tim Braillard
Geisterspiele sind nicht sein Fall, verletzt ist er derzeit auch - Tim Braillard kann mit dem Unterbruch der Meisterschaft grundsätzlich leben. Fehlende Perspektiven sind aber problematisch.
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Kim Nilsson
So produktiv wie diese Saison war Kim Nilsson noch nie. Das Timing könnte nicht besser sein - sein lukrativer Fünfjahres-Vertrag bei Kalmarsund läuft im kommenden Frühling aus.
Artikel lesenSo produktiv wie diese Saison war Kim Nilsson noch nie. Das Timing könnte nicht besser sein - sein lukrativer Fünfjahres-Vertrag bei Kalmarsund läuft im kommenden Frühling aus.
Wie schnell doch die Zeit vergeht. Im Frühling 2016 kehrte Kim Nilsson nach zwei Saisons bei den Grasshoppers nach Schweden zurück. Rankten sich schon in der Schweiz Gerüchte um sechsstellige Beträge, die der 1.93 Meter grosse Modellathlet pro Jahr gekostet haben soll, machte der Transfer zu Kalmarsund Nilsson definitiv zum teuersten Unihockeyaner der Welt.
Eigentlich hätte er zu AIK Stockholm zurückkehren sollen, wo er noch unter Vertrag stand. Doch „die Dinge haben sich in der Zwischenzeit verändert", wie es Nilsson damals formulierte. Sein Stammverein Kalmarsund - damals noch in der Allsvenskan, der zweithöchsten Liga unterwegs - kaufte ihn mit einer Ablösesumme von 1.4 Millionen Kronen oder rund 150'000 Franken aus dem Vertrag aus und legte gleich noch einen Fünfjahres-Vertrag oben drauf, der sich etwa in der gleichen Grössenordnung wie bei GC bewegen soll.
Gut im Saft
Im zweiten Anlauf schaffte Kalmarsund den Aufstieg in die SSL. In der Saison 2018/19 lieferte Kim Nilsson im Oberhaus 52 Punkte ab, letzte Saison seinen Karriere-Bestwert von 65 Punkten. Und der Start in die aktuelle Saison deutet darauf hin, dass er diese Zahl ohne Zweifel noch toppen kann.
„Als ich letzte Saison in den ersten fünf Runden keinen Treffer erzielte, löste das viel Aufmerksamkeit aus. Alle fragten: Wann schiesst er endlich Tore? Dabei war ich schon immer ein Langsamstarter", erinnert sich Nilsson. „Diesmal habe ich meinen Fokus darauf gelegt. So gut wie diesmal bin ich noch nie in eine Saison gestartet."
Für Kalmarsunds Manager Adam Kallenberg ist das keine Überraschung. Er verweist auf die letzte Saison, als Nilssons Linienpartner Marcus Johansson im letzten Vertragsjahr gross aufspielte. „Natürlich zeigt Kim Nilsson sein bestes Unihockey, wenn sich der Vertrag dem Ende nähert . Das Beste wäre, wenn die Verträge all unserer Spieler auslaufen würden, dann würden wir Meister werden", sagt der für seinen Hang zum Sarkasmus bekannte Kallenberg.
Kalmarsunds Weg
Kim Nilsson ist Kalmarsunds Herz und Seele. Der beste Spieler, der grosse Star, das Vorbild aller Junioren des Vereins. Natürlich wird der Klub alles daran setzen, das Arbeitspapier mit seinem mittlerweile 32-jährigen Aushängeschild zu verlängern. Und im Moment sieht alles danach aus, dass dies klappt. „Es wird keine 700 Folgen einer TV-Serie mehr dauern, bis wir uns einig werden", formuliert es Kallenberg. „Es ist unsere Absicht, mit Kim das Angefangene fortzuführen. Wir möchten mit ihm so bald als möglich verlängern."
Das Angefangene heisst: Aus dem Allsvenskan-Team einen Titelanwärter in der SSL zu machen, der sich auf Augenhöhe mit Storvreta und Falun bewegt. Im ersten Jahr nach dem Aufstieg verpasste Kalmarsund noch die Playoffs. Aber letzte Saison belegten sie bereits den vierten Rang und aktuell grüsst der Verein von der Tabellenspitze.
Dies vor allem dank Nilssons Toren. Dieser sagt auf die vertragliche Situation angesprochen: „Ende Saison raubt eine unklare Situation viel Energie. Ich möchte bis zu den Playoffs alles geregelt haben." Die Ausgangslage scheint einfach. Nilsson hat in Kalmarsund ein Haus gebaut, seine Tochter geht in die lokale Schule. Und er wurde von keinem anderen schwedischen Verein überhaupt nur angefragt. „Vielleicht denken sie alle, ich hätte hier einen 20-Jahresvertrag oder so", sagt er lachend. „Ich habe immer den Kontakt zu GC-Präsident Dario Pasquariello behalten, ansonsten ist es an dieser Front sehr ruhig für mich." Ohne sensationelle Entwicklung wird Nilsson also seinen Vertrag verlängern.
Inhalt
Kurznews
Finnische Rekorde, Storvretas Sorgen, Flucht in den Norden, Retro. Dazu wird gut gebrüllt.
Die Weltmeister
Die Wiler-Cracks Joonas Pylsy, Krister Savonen und Tatu Väänänen müssen die Mission «Titelverteidigung im eigenen Land» um ein Jahr verschieben.
WM verschoben, unihockey.ch besucht die Weltmeister Väänänen, Savonen und Pylsy. (Bild: Fabian Trees)
Schweizer Angriff
Neun Schweizer Söldner stehen in den höchsten Ligen Finnlands und Schwedens im Einsatz.
Motivation leidet
Geisterspiele sind nicht sein Fall. Tim Braillard kann mit dem Unterbruch der Meisterschaft leben. Fehlende Perspektiven sind aber problematisch.
Gesundheit vor Kommerz
Seit dem 23. Oktober ruht der Ball in der Schweiz, während in den anderen Top-Nationen gespielt wird. Verbandspräsident Daniel Bareiss nimmt Stellung.
ZV-Präsident Daniel Bareiss spricht zum Thema Saisonunterbruch. (Bild: swiss unihockey)
Pingpong
unihockey.ch nimmt es mit Evelyne Ackermann (Jets) und Thomas Gfeller (Tigers) kurz persönlich.
Lizenz zum Verhandeln
Agenten und Berater sind zu einem Bestandteil der Sportwelt geworden. Sogar im Unihockey. Braucht es das - und wie funktioniert es?
Der Weltenbummler
Vor zehn Jahren landete Asser Jääskeläinen zum ersten Mal in der Schweiz. Via Schweden und Singapur kehrte er zurück und verzückt die 1. Liga mit seinem Können.
Asser Jääskeläinen ist in der 1. Liga immer noch für viele Punkte gut. (Bild: Damian Keller)
So gut wie noch nie
So produktiv wie diese Saison war Kim Nilsson noch nie. Das Timing könnte nicht besser sein - sein lukrativer Vertrag bei Kalmarsund läuft aus.
Es machte „Bumm"
Ein Bericht über die Arbeit von Unihockey für Strassenkinder in Kenia und der Schweiz.
Unihockey für Strassenkinder in Kenia. (Bild: Mathias Josi)
Schenken Sie lokal
Beglücken Sie Ihre Liebsten mit einem Geschenk aus der Unihockeybranche.