03.
2012
Ein Exil-Jenazer jagt Piranha Chur
Mit Benjamin Cernela könnte im Play-off-Final der Frauen ein gebürtiger Jenazer Piranha Chur die Suppe versalzen. Der 33-jährige Trainer vollzieht beim Finalgegner Dietlikon erfolgreich den nötig gewordenen Umbruch.
Der Play-off-Final steht vor der Tür. Aber von Angespanntheit ist bei Benjamin Cernela, dem Trainer der Frauen von Dietlikon, keine Spur. Im Gegenteil. Die Worte des 33-Jährigen klingen zufrieden, fast so, als spiele es keine Rolle, ob sein Team die Saison als Meister oder Vizemeister abschliessen wird. Zum heute beginnenden Play-off-Final gegen Qualifikationssieger Piranha Chur sagt er: «Ich sehe uns klar in der Aussenseiterrolle. Wir müssen nicht siegen, aber wir dürfen. Der Druck liegt deshalb beim Gegner.»
Der gebürtige Jenazer mit slowenischen Wurzeln, der den Kanton Graubünden vor elf Jahren Richtung Zürich verliess und heute mit seiner Frau Nicole Giezendanner (u.a. Weltmeisterin 2005) und der knapp drei Monate alten Tocher Elin in Winterberg zwischen Zürich und Winterthur lebt, findet gute Argumente für seine Bescheidenheit. Nicht nur hat Piranha Chur in der Play-off-Qualifikation neun Punkte mehr gesammelt als Dietlikon. Den grössten Unterschied zwischen seinem Klub und jenem von Piranha Chur ortet er in der Erfahrung und in der Konstanz. «Die Churerinnen spielen seit Jahren in fast identischer Besetzung und mit dem gleichen System. Wir hingegen befinden uns im Umbruch und arbeiten seit eineinhalb Jahren an den Automatismen», so Cernela.
14 Abgänge kompensiert
In der Tat musste der ehemalige SML-Spieler von Kloten-Bülach, Malans und GC in seinem Team nicht weniger als 14 Abgänge kompensieren, seit er 2010 in die Fussstapfen von Marco Moser getreten und vom Assistenten zum Trainer befördert worden war. Cernelas Wirken trägt bereits weniger als zwei Jahre danach Früchte. «Wir sind jetzt langsam, aber sicher über den Berg», sagt der Trainer. Dass der diesjährige Cupfinalist bereits im zweiten Jahr nach dem grossen Schnitt um Titel spielen kann, zeigt ihm, dass «im gesamten Verein ausgezeichnete Arbeit geleistet wird». Mit der Aufstockung auf zwei U21-Teams sei zudem eine wichtige Basis für die Zukunft geschafft worden, so Cernela.
Zu hohen Erwartungen vor dem Play-off-Final gegen Piranha Chur schiebt Cernela den Riegel vor: «Natürlich wachsen angesichts der guten Resultate die Ansprüche, doch wir müssen auf dem Boden bleiben. Viele von uns stehen zum ersten Mal in einem Play-off-Final. Bei 100 Prozent sind wir deshalb erst nächste oder übernächste Saison.» Im mit 3:4 gegen die Red Ants Winterthur verlorerenen Cupfinal habe sich gezeigt, wie wichtig die Erfahrung ist. «Wir waren besser und verloren trotzdem.»
Piranha-Captain Arpagaus warnt
Es gibt aber auch Argumente, die für das Team von Cernela sprechen. Dietlikon, das in dieser Saison ausnahmslos mit Schweizerinnen antritt, hat gegen die beiden Top-Teams aus Chur und Winterthur nicht unbegründet eine starke Bilanz vorzuweisen. An der Heim-WM im Dezember stellte Dietlikon mehr Schweizer Nationalspielerinnen als Chur (sieben gegenüber fünf). Piranha-Captain Sabrina Arpagaus jedenfalls ist warnt: «Auch sie können dank der nötigen Breite mit drei Linien ‘powern'.»
Weniger Freude als seine Schützlinge bereitet Cernela der unflexible Spielplan, der trotz vorzeitiger Finalqualifikation von Piranha Chur und Dietlikon keine Vorverschiebung der Finalspiele und deshalb eine zweiwöchige Pause für beide Teams vorsah. «So eine lange Pause mitten in den Play-offs ist unsinnig», findet Cernela, der 2006 mit dem Unihockey-Exot Slowenien in Schweden an der B-WM teilnahm. Die Tatsache, dass einzig der Spielplan dem Trainer Nahrung für kritische Töne liefert, zeigt aber, dass es um dieses Team gut bestellt ist.
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"