04.
2012
«Die Offensive hat Ladehemmung»
Die Zürcher Grasshoppers liegen nach den ersten beiden Playoff-Finalspielen mit 0:2 im Rückstand. GC-Stürmer Linard Parli hat aber die Hoffnung auf eine Wende nicht aufgegeben.
Linard Parli, GC hat die ersten zwei Spiele jeweils 4:8 verloren. Wie habt ihr die Partien erlebt?
Im ersten Spiel sind wir einfach unter die Räder gekommen. Wir waren einfach nicht gut genug. Zehn, vielleicht 15 Minuten konnten wir mithalten, aber über das ganze Spiel war Wiler-Ersigen einfach besser. Im zweiten Spiel haben wir uns stark gesteigert, während den ersten beiden Dritteln waren wir überlegen. Wir hatten auch mehr Abschlüsse, wir verpassten es einfach, den Vorsprung auszubauen. Wiler-Ersigen war da viel effizienter.
Wie frustrierend ist es, wenn man so einen Aufwand wie ihr betreibt, um ein Tor zu erzielen und dann doch rasch Gegentore einstecken muss?
Ich würde nicht von frustrierend sprechen, das gehört halt einfach dazu. Wir waren ja schon des öftern in der umgekehrten Situation, als wir aus dem Nichts unsere Tore erzielten.
Sie sagen zuerst 10 bis 15 Minuten, dann 30 bis 40 Minuten mitgehalten - wann hält GC auch mal ein ganzes Spiel mit Wiler-Ersigen mit?
Ich bin der Meinung, wenn zwei starke Teams aufeinander treffen, dann können nicht beide 60 Minuten auf gleicher Höhe spielen. Eine Mannschaft wird immer ein bisschen besser sein. Entscheidend ist einfach, dass man in der starken Phase genug Tore schiesst. Das gelingt uns derzeit nicht. Da kommt dann auch das Psychologische zum Zug. Wenn du ein Tor schiesst, dann steigt das Selbstvertrauen und meist folgt auch gleich ein nächster Treffer.
In einen so einen Lauf habt ihr euch aber bisher noch nicht gespielt. Unüblich für euer Spiel.
Ja, unsere Offensive hat noch Ladehemmungen. Wiler-Ersigen steht sehr gut in der Abwehr, auch Torhüter Daniel Streit hält viele Bälle. Wir haben nicht viel Zeit und Raum bei der Schussabgabe, das heisst wir müssen noch ein wenig schneller und präziser schiessen.
Ihr spielt oft mit Manndeckung. Ist das nicht etwas kontraproduktiv für euer Offensivspiel? So verpuffen doch wertvolle Kräfte?
Etwas «Pfus» fehlt vielleicht, sicherlich haben wir weniger Kontermöglichkeiten wenn wir «Mann-Mann» spielen. Aber wir wollen nicht, dass uns Wiler-Ersigen ausspielt, darum versuchen wir sie, früh zu stören. Im zweiten Spiel hat das ja teilweise ganz gut funktioniert.
Viel wird auch über die Emotionen gesprochen. Ist das auch intern so? Im Mitteldrittel des zweiten Spiels überbordeten die Emotionen kurz, als Luca Maffioletti Esa Jussila umstiess und danach Wiler-Ersigen in Überzahl ein Tor schiessen konnte.
Nein, wir haben nicht gross darüber gesprochen. Bei zwei ähnlich starken Teams, sind die Emotionen sicher entscheidend über den Spielausgang. Man reibt sich, die Spannung ist gross, das erzeugt einfach Emotionen. Die Aktion von Maffioletti war sicher nicht so clever, aber das kann passieren. Er ist halt manchmal etwas temperamentvoll.
Sehr speziell war das Verhalten auf den Spielerbänken. Während es bei Wiler-Ersigen sehr ruhig auf der Bank war, wurde bei GC meist sehr lebhaft diskutiert.
Das ist wohl die Auswirkung des Coaching-Stils von Magnus Svensson. Es sieht von aussen vielleicht etwas hektisch aus, aber es hat sich eingebürgert, dass wir auf der Bank oft über den letzten Spielzug nochmals diskutieren. Nur um zu wissen beispielsweise, ob der Teamkollege mitgelaufen ist bei einem Konter oder nicht.
Sie sind im zweiten Drittel früh in die Kabine gegangen, warum das?
Ich bekam vor dem Spiel Kopfweh, da nahm ich eine Tablette dagegen. Im zweiten Drittel haben mir dann aber ungewohnte Nebeneffekte des Medikaments zu schaffen gemacht. Ich fühlte mich wie in einem Wattebausch, habe teilweise gar nicht mehr realisiert, wo ich bin. So bin ich phasenweise ziemlich herumgeirrt auf dem Spielfeld. Ich ging dann in die Kabine, um mich hinzulegen und danach kalt zu duschen. Ganz geholfen hat es leider nicht.
Hoppla, gute Besserung. Zum Spiel vom Samstag. Was muss GC anders machen als bisher?
Nicht allzu viel. Wir müssen aber noch näher zum Gegenspieler stehen, hart in die Zweikämpfe gehen und die Abschlüsse noch vermehrter suchen. Auch müssen wir in unserem und im gegnerischen Slot besser aufräumen. Halt einfach mehr Biss und Willen zeigen, dann klappt das auch. Wir haben diese Serie nicht abgeschrieben. Fertig ist es erst, wenn eine Mannschaft vier Mal gewonnen hat.
Noch ein Wort zu unserem 1.-April-Scherz. Bekamen Sie viele Reaktionen?
Oh ja, sehr viele, auch mein Vater erhielt viele Reaktionen. Einige haben es tatsächlich geglaubt und mich gefragt, warum ich denn wechsle (lacht). Meine engeren Kollegen habens natürlich sofort gemerkt. Ich habe mich sehr amüsiert, als ich den Artikel am Sonntagmorgen las. Dieser Scherz ist euch wirklich gelungen.
Danke. Eine letzte Frage: Es war zu hören, dass Sie im Herbst studiumsbedingt nach Südafrika gehen. Was ist da dran?
Das ist noch nicht definitiv entschieden. Nachdem ich annahm, dass ich nicht zur engeren Auswahl der Nationalmannschaft für die WM gehöre, habe ich mein Auslandjahr in Port Elizabeth (Südafrika) geplant. Nun hat sich aber Jussi Jäntti gemeldet und mir gesagt, dass ich für die Nati nicht mehr aufgeboten wurde, weil ich oft verletzt war und sie mich nicht überstrapazieren wollten. Ich treffe mich mit dem Nati-Staff nach den Finalspielen zu einem Meeting. Wenn die Chance besteht, dass ich an der Heim-WM dabei sein könnte, dann werde ich versuchen mein Auslandjahr in Finnland oder Schweden zu absolvieren. Ins Ausland muss ich ab Herbst aber so oder so.