09.
2013
Meistermacher mit Pferdelunge
Vor zwei Jahren stiess Akseli Ahtiainen als hierzulande unbeschriebenes Blatt aus Finnland zu Alligator Malans. Auf Anhieb führte der Trainer den Klub zuerst zum Cupsieg und dann zum Meistertitel. Wer ist dieser Magier hinter der Bande?
Mittwochabend in Maienfeld. Kurz vor 19 Uhr auf dem Parkplatz der Sporthalle Lust, das Unihockey-Team von Alligator Malans hat sich vor der Halle versammelt, wartet auf den Trainer. Es herbstelt draussen, einige Blätter in den nahegelegenen Rebbergen sind schon rot gefärbt, abends wird es kühl. Die Spieler tragen Trainingsanzug, alle den gleichen in schwarz-rot - den Alligatorfarben. Einige tragen Rollkragen und haben eine Wollmütze ins Gesicht gezogen. Und alle tragen Laufschuhe.
Es heisst, der OL-Fanatiker Akseli Ahtiainen sei als Trainer fitnessbesessen, jage seine Spieler oft Kilometer durch die Gegend und laufe dabei selbst zuvorderst. Bisweilen lasse er sie auch mitten in den Play-offs keuchen. «Stimmt nur bedingt», wird der 41-jährige Meistermacher später sagen. «Wir laufen eigentlich nur einmal pro Woche.» Dass dies heute der Fall sei - Zufall.
Ein «Hallo», und schon joggen sie
Ein kurzes «Hallo» an alle, dann sagt der Trainer: «Eine Stunde.» Mehr Worte bedarf es nicht, das Team joggt los. «So, jetzt habe ich Zeit», sagt Ahtiainen. Für einmal läuft der Trainer nicht mit, nimmt sich stattdessen Zeit für ein Gespräch. «Ich laufe dafür nachher nach Hause», so der in Malans wohnhafte Finne.
Das Gerücht, er sei fitter als seine Spieler, weist Ahtiainen ins Reich der Fabeln. Aber fit ist der Mann aus der Gegend um Helsinki zweifellos. Das war schon bekannt, bevor er vor Kurzem an den Schweizer Meisterschaften im Orientierungslauf als Zweiter seiner Altersklasse über die Ziellinie lief. «Ich bin vielleicht besser in Form als viele andere 41-jährige», sagt der Betroffene leicht verlegen.
Das Laufen in der Natur. So tankt er Energie, lädt er die Batterien auf für den intensiven Trainerjob und das 60-Prozent-Pensum, das der Bauingenieur «nebenbei» bei Züst Haustechnik in Grüsch als Haustechnikplaner bewältigt.
«Die Natur werde ich am meisten vermissen, wenn ich nächstes Jahr nach Finnland zurückkehre», säuselt Ahtiainen mit einem Anflug von Wehmut. Die Landschaft hier in Graubünden ist mit ein Grund, weshalb sein Aufenthalt länger ausfallen wird als ursprünglich geplant. Im Winter fährt Athiainen auch gerne Ski. Die Berge hier seien kein Vergleich zu den Hügeln in Finnland, viel schöner. Der Haltitunturi, der höchste Berg Finnlands, erstreckt sich gerademal auf 1328 Meter über Meer, und er liegt weit oben im Norden an der Grenze zu Norwegen.
Das Heimweh nach den beiden Töchtern
Aus einem Jahr in Malans seien zwei geworden und würden es nun drei, erzählt Ahtiainen. Damit hat es sich dann. Es heisst, Alligator Malans habe kämpfen müssen, damit der Erfolgstrainer noch eine dritte Saison anhängt. Denn so gut es dem Finnen hier in der Herrschaft gefällt, so sehr er den Trainerjob mag und so sehr er die Berge und die Natur hier liebt, es gibt zwei Dinge, die ihn nach Hause ziehen. Zehn- und zwölfjährig sind sie. Seine Töchter. Im Winter während der Saison kann er sie nur fünfmal in die Arme schliessen. Wenn sie sich via Skype austauschen - was sie häufig tun - liegen 1800 Kilometer zwischen ihnen.
Bevor er seine Zelte in Malans abbricht und Richtung Finnland abhebt, will Ahtiainen mit Alligator noch einmal durchstarten. Das Wort Titelverteidigung nimmt er zwar nicht in den Mund, «es wird nicht einfach, die Dinge aus dem Vorjahr zu wiederholen», sagt er. Die vier ältesten Spieler seien weg und damit auch viel Erfahrung. Doch unrealistisch ist ein weiterer Coup mit seiner jungen Truppe und dem Tempo-Hockey, das sie spielen, nicht. Man müsse täglich die elementaren Dinge richtig tun, dann werde man sehen, wo man am Ende stünde. Die Worte klingen einfach, sie seien aber sein Erfolgsrezept, bekräftigt er.
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"