04.
2021
Wer zieht den Kopf aus der Schlinge?
Der Grasshopper Club und Alligator Malans stehen in den Halbfinals unter gewaltigem Druck. Sie müssen gegen Wiler-Ersigen bzw. Floorball Köniz drei Siege aneinanderreihen, um den Superfinal doch noch zu erreichen. Die erste Gelegenheit bietet sich den beiden Mannschaften heute Abend.

Qualisieger GC steht gegen Wiler-Ersigen überraschend früh unter Zugzwang. Während der Rekordmeister sich seit dem 1:2-Rückstand im Viertelfinal gegen Zug deutlich gesteigert hat, sind die Hoppers wie schon zu Beginn der Playoffs gegen WaSa nicht über alle Zweifel erhaben. Bisher konnten sie in keinem der vier Spiele ihr bestes Niveau über 60 Minuten präsentieren, zum bisher einzigen Sieg reichte ein fulminantes Mitteldrittel. Immerhin können sie nun wieder in der heimischen Sporthalle Hardau antreten, wo GC seit über einem Monat ungeschlagen ist. Doch selbst wenn dies am Mittwochabend so bleibt, liegt Wiler immer noch mit einem "Break" in Führung.
Verschiedene Formkurven bei den Leistungsträgern
Ähnlich wie im Viertelfinal die Quali-Topskorer Alexander Hallén und André Andersson, beissen sich die GC-Stars Riedi, Rüegger und Laely bisher grösstenteils an der soliden Defensive um Väänänen, Bürki oder Holenstein die Zähne aus. Beim 5:3 am letzten Sonntag fehlte dabei neben dem verletzten Krister Savonen mit Tatu Väänänen (krank) sogar ein zweiter Weltklasse-Verteidiger. Bei Wiler kommen seit den enttäuschenden Monaten Januar und Februar immer mehr Leistungsträger in Form, allen voran die mal zusammen, mal getrennt spielenden Joonas Pylsy und Michal Dudovic. Aber auch Marco Louis hat nach lang andauernden Ladehemmungen im Playoff den Tritt wieder gefunden und war genau wie Linienpartner Claudio Mutter schon an vielen wichtigen Toren beteiligt.
Fast scheint es, als habe Wiler das über Jahre hinweg antrainierte "Selbstverständnis des Siegens" gerade noch rechtzeitig wiedergefunden, während bei GC nach dem insgesamt souveränen Qualifikationssieg Sand ins Getriebe geraten ist. Höchsten NLA-Ansprüchen genügten zuletzt nur Christoph Meier und Tobias Heller vorbehaltlos. Auch bei den Torhütern hat es GC-Schlussmann und WM-MVP Pascal Meier in der Person von Martin Menetrey mit einem ebenbürtigen Widersacher zu tun, nachdem Wiler im Viertelfinal gegen Zugs Lebensversicherung Petter Nilsson zumindest auf dieser Position noch unterlegen war.
All-In bei Malans?
«Den muss ich auf meine Kappe nehmen», sagte Malans-Trainer Pius Caluori nach der bitteren 9:7-Niederlage in Spiel 3 gegen Floorball Köniz und zeigte damit trotz seines jungen Traineralters Grösse. Er hätte während der fulminanten Aufholjagd der Berner etwas machen und seinem Team einen Impuls geben sollen. Tags darauf stellte Caluori zur Schau, was er damit meinte, reduzierte im letzten Abschnitt auf zwei Linien und bezog in der 54. Minute sein Time-Out. Was musste er seinen Mannen alles gepredigt haben, ja keinen Fehler zu begehen, weil Köniz diese brutal ausnutzen wird. Doch in der Verlängerung, in der die Nervosität beider Teams bis unters Hallendach zu spüren war, kam es genauso wie es eigentlich nicht kommen sollte. Köniz verwertete die einzige Chance der Overtime mit einem lehrbuchmässigen Konter, durch Jonas Ledergerber, der sich in den Playoffs zum Mann der wichtigen Könizer-Tore mausert. Ärgerlicher für Malans macht die Sache, dass aber nicht einmal ein Ballverlust in der eigenen Zone am Ursprung des entscheidenden Gegentores stand, sondern ein Stellungsfehler im Backchecking.
Caluori ist in seinen ersten Playoffs als Headcoach momentan nicht um seine Arbeit zu beneiden. Der Malanser-Übungsleiter sieht sich mit etlichen Problemen und Fragen konfrontiert. Schlüsselspieler wie Braillard, Veltsmid, Hartmann oder Vestlund schlugen sich mit Verletzungen durch die Saison und haben dadurch in den Entscheidungsspielen nicht zu ihrer Topform finden können. Auch Goalie Jonas Wittwer ist momentan nicht der grosse Rückhalt, den das Team braucht, um einen Gegner wie Köniz zu schlagen. Der Nationalhüter leitete am Samstag mit einem haltbaren Treffer die Wende des Gegners ein, kann sich nur selten mit Big Saves auszeichnen lassen und zeigt zum Teil erhebliche Mängel in seinen Verschiebungen, die Köniz vor allem im Powerplay auszunutzen wusste.
Kommt das Pressing doch noch?
Trotzdem gab sich Caluori nach der dritten Niederlage in Folge kämpferisch: «Wir geben sicher nicht auf - das würde auch nicht unserer Mentalität entsprechen.» Etwas was eigentlich auch zur Malanser Mentalität, oder der «DNA», wie es Joshua Schnell gegenüber der «Südostschweiz» nannte, gehört, hat man bisher in dieser Serie praktisch gänzlich vermisst. Nämlich das Vier-Mann-Pressing in der gegnerischen Hälfte. «Das ist das, was wir spielen wollen und was uns grundsätzlich auszeichnet. Nicht kopflos, sondern intelligent und überlegt», so Schnell weiter. Caluori und sein Staff werden sich in den zwei freien Tagen also vor allem zwei Fragen für das fünfte Aufeinandertreffen gestellt haben: gehen wir voll pressen? Und nehmen wir sogar einen Wechsel auf der Torhüterposition vor? Es wären durchaus mutige Entscheidungen. Doch zu verlieren hat Malans nicht mehr viel, bei einem Scheitern würde das Aus eher an Spiel 3, als an Spiel 5 festgemacht werden. Und was wird von Köniz Neues kommen? Die Berner Vorstädter haben Spiel 1 unverdient verloren, Spiel 2 souverän, Spiel 3 trotz mehrheitlich schwacher Leistung unverhofft und Spiel 4 mit dem nötigen Quäntchen Glück gewonnen. Trotzdem meint FBK-Verteidiger Martin Kisugite: «Warum sollten wir etwas ändern? Bis jetzt ging für uns doch alles auf.»
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Was zaubert Pius Caluori noch aus dem Hut? (Bild: Dieter Meierhans)