12.
2023
Zu spätes Erwachen
Die Schweiz geht im Mitteldrittel des zweiten Vorrunden-Spiels gegen Finnland unter und liegt nach 35 Minuten mit 0:7 zurück. Im Schlussdrittel kommt mit sechs gegen fünf Feldspielerinnen Hoffnung auf, die Hypothek ist jedoch zu gross und die Schweiz verliert 5:9.
Vieles war an diesem Sonntag in Singapur auf die Zwillinge Veera und Oona Kauppi ausgerichtet - im finnischen Team sowieso, aber auch auf Seiten der Schweizer Nati. Ganze 20 Skorerpunkte hatte die erste finnische Sturmlinie am Samstag gegen Lettland produziert, Headcoach Oscar Lundin schickte deshalb seine defensiv verlässlichsten Kräfte rund um das Verteidigungspaar mit Chiara Gredig und Doris Berger aufs Feld, wenn die Kauppis für Finnland spielten.
Die ganzen Vorbereitungen wurden dann aber hinfällig, als Marylin Thomi in der 3. Minute einen Penalty verschuldete. Eiskalt verwertete die routinierte finnische Verteidigerin My Kippilä zur frühen Führung. Die Finninnen machten vor allem mit ihrem «Atomblock» viel Druck, der Schweiz gelang aber auch gegen die beiden anderen Linien vor allem offensiv nicht viel. In der 11. Minute liess sich die Schweiz auskontern und Johanna Homi traf zum 2:0. Bei diesem Resultat blieb es bis zum ersten Seitenwechsel, wobei die Schweizerinnen nach der ersten Strafe des Spiels ein immerhin Unterzahlspiel erfolgreich überstanden.
Zusammenbruch im zweiten Drittel
Die Schweizerinnen kamen nach der Pause dank gutem Pressing der Rüttimann-Linie gleich zu einer sehr guten Abschlussmöglichkeit, Gerig verschoss jedoch aus guter Position. Kurze Zeit später machten es die Finninnen besser und erhöhten durch Oona Kauppi auf 3:0. Es war aus Schweizer Sicht der Anfang vom Ende, denn nun wurde das Team von Oscar Lundin von ihren Gegnerinnen in Einzelteile zerlegt. Auch die Kauppis, aber eben nicht nur die Kauppis - so lässt sich die finnische Überlegenheit zusammenfassen. Jets-Stürmerin Sara Piispa erzielte das 4:0, danach stellten die Schweizerinnen auf zwei Linien um und rückten so vom ursprünglichen Gameplan mit der gezielten «Bewachung» der finnischen Top-Formation ab.
Viel Besserung brachte dieser Wechsel nicht, bis zur 35. Minute erhöhten die Finninnen auf 7:0, ehe Gerig der erste Treffer für die Schweiz gelang. Das 1:7 aus Schweizer Sicht war streng genommen ein Eigentor. Und als wäre in diesem Mitteldrittel noch nicht genug schiefgegangen, trafen Finnland eine Sekunde vor der zweiten Pause gar zum 8:1.
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Finnland zu sechst überrascht
Gleich zu Beginn des dritten Drittels verliess Lara Heini - die an dem deutlichen Rückstand keine Schuld traf - ihr Tor und die Schweizerinnen versuchten es zu sechst. Vorerst wurden diese Bemühungen durch eine Strafe gegen Rüttimann gebremst, doch die Schweiz überstand auch die zweite Unterzahl dieser Partie. Dann wirkte der Überraschungseffekt mit dem frühen Spiel ohne Goalie, innerhalb von 62 Sekunden verkürzten Stettler und Spichiger auf 3:8 und es kam wieder leise Hoffnung auf. Genug jedenfalls, damit der finnische Trainer sein Timeout nahm.
An der Spielanlage änderte sich vorerst nicht viel: Wann immer möglich, spielten die Schweizerinnen mit ihrer Powerplay-Formation und einer sechsten Feldspielerin. Doch die Energie liess allmählich nach und die Finninnen stellten sich besser auf das fünf gegen sechs ein. So stand es auch fünf Minuten vor Schluss immer noch 3:8 aus Schweizer Sicht. Nach ihrem Timeout rannte die Schweiz weiter an, Wyss verkürzte mit einem Hammer in der 56. Minute. Das 9:4 durch Niemelä ins leere Tor dreieinhalb Minuten vor Schluss war dann aber die definitive Entscheidung, den Schlusspunkt setzte Céline Stettler - immer noch bei sechs gegen fünf - mit dem fünften Schweizer Tor.
Trotz des versöhnlichen Schlussdrittels bleibt die Erkenntnis, dass der Schweizer Plan gegen die Vizeweltmeisterinnen während 40 Minuten überhaupt nicht aufging und die Nati nicht parat war. Die Reaktion im Schlussdrittel mit dem mutigen Spiel, fast durchgehend ohne Torhüterin, änderte am Ausgang des Spiels schlussendlich nichts mehr. Es bleibt zu hoffen, dass die Schweizerinnen im nächsten Spiel gegen eine Topnation keinen derartigen Weckruf wie das katastrophale Mitteldrittel mit sechs Gegentreffern benötigt.
Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen.
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Frauen A-Weltmeisterschaft 2023
Finnland - Schweiz 9:5 (2:0, 6:1, 1:4)
OCBC Arena, Hall 1, Singapur. 513 Zuschauer. SR: Kostinek/Reichelt (CZE).
Tore: 3. Kippilä 1:0 (Penalty). 11. Homi (Valtola) 2:0. 22. O. Kauppi (V. Kauppi) 3:0. 25. Piispa (Nordlund) 4:0. 27. O. Kauppi (Turunen) 5:0. 33. Höynälä (Vallenius) 6:0. 35. (34:56) V. Kauppi (O. Kauppi) 7:0. 36. (35:12) Gerig (Stettler) 7:1. 40. Kippilä (Westerlund) 8:1. 45. (44:18) Stettler (Larsson) 8:2 (Schweiz mit sechs Feldspielerinnen). 46. (45:20) Spichiger 8:3 (Schweiz mit sechs Feldspielerinnen). 56. (55:37) Wyss (Rüttimann) 8:4 (Schweiz mit sechs Feldspielerinnen). 57. (56:30) Niemelä 9:4 (ins leere Tor). 59. Stettler (Wyss) 9:5 (Schweiz mit sechs Feldspielerinnen).
Strafen: 2mal 2 Minuten gegen die Schweiz.
Finnland: Nieminen; Manninen, Pietilä; Westerlund, Kippilä; Valtola, Vallenius; Piispa, Nordlund, Saario; O. Kauppi, V. Kauppi, Turunen; Höynälä, Homi, Niemelä; Rantanen, Leino.
Schweiz: Heini; Thomi, Larsson; Berger, Gredig; Stettler, Rensch; Bertini; Gerig, Rüttimann, Spichiger; Wieland, Gämperli, Hanimann; Wyss, Ediz, Fitzi.
Bemerkungen: Die Schweiz im dritten Drittel bei Ballbesitz mehrheitlich ohne Torhüterin und mit sechs Feldspielerinnen. 45:20 Timeout Finnland. 55:10 Timeout Schweiz. My Kippilä und Isabelle Gerig als beste Spielerinnen ausgezeichnet.