10.
12.
2021
Nati Männer A | Autor: Güngerich Etienne

Der nächste Versuch

Die Schweiz nimmt einen nächsten Anlauf, um nach über 23 Jahren endlich wieder in einen WM-Final einzuziehen. Gegner im Halbfinal ist wie schon vor drei Jahren in Prag Schweden. Dem Wort «Geduld» wird von beiden Seiten her viel Gewicht verliehen.

Der nächste Versuch Auf Jan Zauggs Genialität wird die Schweiz im Halbfinal gegen Schweden angewiesen sein. (Bild: Dieter Meierhans)

Es gab keine Zitterpartie mehr wie vor drei Jahren. Die Schweiz erledigte ihre Aufgabe im Viertelfinal gegen Estland souverän. Zu jeder Zeit hatte das Team von David Jansson das Geschehen unter Kontrolle, liess die Esten gar nie ins Spiel kommen, weil sie das Risiko auf ein Minimum drosselte und sich stattdessen auf das einfache Spiel konzentrierte. Die Balten zogen sich weit zurück und lauerten auf Konter. Aber weil die Schweiz mit dem Ball vor allem in der Mittelzone sorgfältig umging, wurde es nur selten gefährlich vor dem eigenen Tor - ein Unterschied zum Viertelfinal 2018 gegen Norwegen.

An den Details gearbeitet
Während der Viertelfinal für die Schweiz eine eher ruhige Angelegenheit wurde, ging es im Spiel zwischen Schweden und Norwegen zuweilen intensiv und emotional zu und her. Der heutige Schweizer Halbfinal-Gegner lag nach nur 14 Minuten bereits mit 6:0 in Führung, womit gemäss dem Norwegischen Altstar Ketil Kronberg «die Partie bereits gegessen war». Im zweiten und dritten Drittel spielte Norwegen allerdings auf Augenhöhe mit seinem Nachbarn und fand die eine oder andere verwundbare Stelle beim Rekord-Weltmeister. Das wird auch der Schweizer-Trainer David Jansson, der sich die Partie mit Assistent Luan Misini bis zur Spielmitte vor Ort anschaute, gesehen haben.

Es war zu spüren, dass es sich um ein Duell zweier Erzrivalen handelt. Die Zweikämpfe wurden hart, zum Teil auch am Rande der Legalität geführt. Dass sich die Schweden oft ungerecht behandelt fühlen und sich zeitweise aus dem Konzept bringen lassen, wurde im Norwegen-Spiel einmal mehr gezeigt. Dennoch meint Johan Samuelsson: «Für uns war es super, dass die Partie so intensiv geführt wurde. Das war eine gute Vorbereitung für den Halbfinal gegen die Schweiz.» Vor zehn Monaten hat Schweden einen neuen Trainerstab erhalten. «In so kurzer Zeit kann nicht alles über den Haufen geworfen werden. Wir haben an Details gearbeitet», verrät der ehemalige Tigers-Akteur auf das neue Trainerduo mit Niklas Norden und Thomas Brottman angesprochen.

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Johan Samuelsson fand die Partie gegen Norwegen eine gute Vorbereitung. (Bild: Dieter Meierhans)

Alle drei Linien müssen liefern
Konstanz auf der Trainerposition kann dagegen die Schweiz vorweisen. David Jansson bestreitet in Helsinki bereits seine dritte Weltmeisterschaft mit der Nati. 2018 und 2016 scheiterte er jeweils im Halbfinal an Schweden, nun geht es zum dritten Mal hintereinander gegen sein Heimatland. In Prag war die Schweiz bekanntlich nahe dran am Finaleinzug, es wäre der erste seit der WM 1998 gewesen (das Finalspiel ging mit 3:10 gegen Schweden verloren). Die Schweden könnten sich nun schon zum vierten Mal hintereinander als Schweizer Spielverderber im Halbfinal herausstellen. Aber die WM in Prag hat auch Mut gegeben, gezeigt, dass nicht viel fehlt. Auch von schwedischer Seite her, ist der Respekt durchaus vorhanden. «Wir wissen noch, wie sie uns an der letzten WM alles abverlangt haben», bestätigt auch Samuelsson.

Der Stürmer warnt vor allem vor der individuellen Klasse einiger Schweizer Akteure und dem taktischen Verständnis von Trainer Jansson. Er braucht einen Moment, bis ihm im englisch geführten Gespräch plötzlich das Wort «Geduld» herausrutscht. «Das wird es sein, was wir im Halbfinal gegen die Schweiz brauchen werden.» Geduld war ein Ausdruck, der in dieser Woche auch oft aus dem Schweizer Lager aufgenommen wurde. Vor allem gegen Norwegen und Tschechien brauchte es diese, als der Spielstand im letzten Drittel jeweils ausgeglichen war und jeder Fehler hätte entscheiden können. «Das ist etwas, was wir dieses Jahr sehr gut im Griff haben», meinte Manuel Maurer nach dem Deutschland-Spiel.

Es kann vielleicht das entscheidende, verbesserte Detail sein, das einen Final-Einzug beschert. «Denn kontern konnten wir schon immer gut. Im Spiel mit Ball erzielten wir schon vor längerer Zeit Fortschritte» liess Maurer weiter verlauten. Der Könizer müsste es eigentlich wissen, bestreitet er doch in Helsinki schon seine vierte WM. Und man kauft es ihm auch ab. Denn die Schweizer Mannschaft präsentiert sich an diesem Turnier stabil, drastische Einbrüche im Spiel waren nicht auszumachen. Jansson hat wohl selten zuvor vor einem WM-Halbfinal so gut geschlafen wie gestern Nacht. Denn er hat auch aufstellungstechnisch keine grossen Fragen mehr zu beantworten. In allen vier Spielen haben immer mindestens zwei Linien stark und produktiv gespielt. Und auch das Powerplay wurde zuletzt gegen Estland erfolgreich umgekrempelt (für Bischofberger und Camenisch kamen Braillard und Michel - Zaugg rückte auf den Point). Doch wie hat GC Verteidiger Tobias Heller gestern nach dem gesicherten Halbfinal-Einzug gemeint: «Ab jetzt braucht es alle Linien, alle müssen liefern.» Recht hat er.

Wir berichten ab 14:30 Uhr live aus Helsinki.

 

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