30.
11.
2018
Nati Männer A | Autor: Güngerich Etienne

Am Final geschnuppert

Vor zehn Jahren zeigte die Schweiz an der WM in Prag eine gute Turnierleistung. Im Halbfinal wurde Schweden alles abverlangt, ein glückhaftes Tor in der Verlängerung liess aber den Rekordweltmeister jubeln und die Schweizer weinen. Immerhin holte das Team von Peter Düggeli einen Tag später die Bronzemedaille - vor 10'000 frenetischen Fans gegen die Gastgeber. Ein Rückblick.

Am Final geschnuppert Peter Düggeli mit Instruktionen an seine Spieler während der WM 2008 in Prag. (Bild: Erwin Keller)

Prag, die goldene Stadt. Sie war schon zweimal Austragungsort einer Unihockey-WM. 1998 holte sich die Schweiz die bisher einzige Silbermedaille, nach einem Halbfinalsieg im Penaltyschiessen über Finnland. Zehn Jahre später gab es immerhin Bronze, obwohl auch Silber drin gelegen wäre.

Der SRF-Korrespondent und der Meistertrainer
Trainiert wurde die Nationalmannschaft damals von einem speziellen Trainerduo. Von Peter Düggeli - als US-Korrespondent für das SRF hat er sich inzwischen den wohl begehrtesten Journalisten-Job der Schweiz ergattert - und von René Berliat, letztjähriger und erstmaliger Meistertrainer Floorball Köniz'. Für Emanuel Antener, damals mit 21 Jahren das jüngste Kadermitglied, war klar, mit welchen Zielen die Mannschaft in Tschechiens Hauptstadt reist: «Das primäre Ziel ist der Gewinn einer Medaille. Welche Farbe die hat, werden wir in zwei Wochen dann sehen». Antener war schon im jungen Alter ein Meister der Philosophie, Diplomatie und zuweilen auch Pragmatik. So erstaunen seine Antworten auf Fragen, die dem Flügel kurz vor Turnierstart von unihockey.ch gestellt wurden nicht sonderlich. «Ich kenne nur den Druck, den ich mir selber mache. Eigene Erwartungen betrachte ich nicht als Druck», hiess es zum Beispiel. Oder: «Ob Quali-Spiel oder Cupfinal, ob eine schöne Frau oder der mich beobachtende Nationaltrainer in der zweiten Reihe sitzt - ich bin immer gleich angespannt.»

Nun, die Schweiz startete mit Mühe ins Turnier. Gegen Aufsteiger Estland gab es einen knappen 7:6-Sieg. In der 45. Minute lagen die Balten noch vorne, dann trafen Cadisch und Christoph Hofbauer. Weiter ging es mit einem 9:6 gegen Norwegen und einer 0:4-Niederlage gegen den späteren Weltmeister Finnland. Zum Abschluss der Gruppenspiele, die noch in Ostrava ausgetragen wurden, fertigte die Schweiz Dänemark mit 12:1 ab. Schon vor dem Spiel war klar, dass die Nati in den Halbfinal einzieht und dort auf Schweden trifft. Matthias Hofbauer wurde deshalb in dieser Partie geschont.

Bronze gerettet
Zehn Jahre nach dem einzigen Finaleinzug sollte es also nun wieder einmal klappen. Vom Trainerduo wurde die Mannschaft aus taktischer Sicht hervorragend eingestellt. Die Schweden sollten kaum Räume vorfinden, um ihr gewohntes Spiel aufzuziehen. Patrick Mendelin gelang schon früh der Schweizer-Führungstreffer. Martin Emanuelsson und Magnus Svensson drehten die Partie bis zur 38. Minuten. Kurz vor Ablauf des zweiten Drittels konnte die Schweiz eine 6-gegen-5-Situation zum 2:2 ausgleichen. Weil sich Schweden im letzten Abschnitt weiter die Zähne am Schweizer-Bollwerk ausbiss, ging das Spiel in die Verlängerung. Dort wurde ein scheinbar harmloses Schüsschen von Henrik Quist ins Tor abgelenkt - ausgeträumt war damit der Finaltraum der Schweizer.

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Roger Tönz nach dem entscheidenden Gegentor am Boden zerstört. (Bild: Erwin Keller)

Die Enttäuschung kannte keine Grenzen. «Wir waren nahe dran und haben alles unternommen. Heute haben wir eine Topleistung gezeigt, aber es hat nicht sollen sein», meinte Markus Gerber. Düggeli fügte trocken an: «Wir waren gut, aber es hat wieder nicht gereicht. Jetzt müssen wir all die negativen Emotionen im Stadion lassen und uns gut auf das morgige Spiel vorbereiten. Ich verspreche, dass wir morgen genau gleich heiss sind, wie heute.» Und tatsächlich: Düggelis Worte waren keine leeren Versprechungen.

Einmal Pech, einmal Glück
Nicht einmal 24 Stunden später war die Schweiz gegen den Gastgeber wieder auf der Höhe. Es war ein denkwürdiges Spiel gegen ein tschechisches Team voller Spieler, die in der Schweiz spielten oder später in die NLA wechselten. Chrapek, Zalesny, Ostransky, Skalik, Jakubek,Cepek oder Sikora. Letzterer machte sich bei den Schweizern unbeliebt, weil er nach seinem Tor zum 1:1 durch dessen Spielerbank rannte. Dafür fasste der heutige Wiler-Assistenztrainer vom furchteinflössenden Schiri-Duo Bengtsson/Polverari eine 2+10 Minuten Strafe. Im letzten Abschnitt überlschlugen sich mit sechs Toren die Ereignisse. Wieder musste die Nati in die Overtime. Diesmal hatte sie aber das bessere Ende für sich. Nach einer Kombination über Daniel Bill und Andreas Cadisch verwertete Simon Stucki den Bronze-Ball.

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Radek Sikora rennt durch die Schweizer-Bank und holt sich eine Strafe wegen Unsportlichkeit. (Bild: Erwin Keller)

«Natürlich bin ich glücklich über diesen Sieg. Es war speziell, über 10'000 Fans gegen sich zu haben. Von daher bin ich extrem stolz, dass wir diesem Druck standgehalten haben», sagte Düggeli nach dem Spiel. Währenddessen fand Christoph Hofbauer, dass die Verlängerung im Halbfinal unglücklich, diejenige im Bronzespiel dafür etwas glücklich war. «Wir haben uns über das ganze Turnier hinweg gesteigert und in den wichtigen Momenten mentale Stärke gezeigt», so der langjährige Nationalspieler, der zu dieser Zeit bei Dalen unter Vertrag stand. Das Schlusswort gehört wieder Antener: «Persönlich habe ich mich wie das ganze Team über die Woche hinweg gesteigert. Mit der Bronzemedaille bin ich mehr oder weniger zufrieden.»

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Am Ende durfte sich die Schweiz über Bronze freuen. (Bild: Erwin Keller)

Alles zur WM 2008 gibt's hier.

Unter "Mehr zum Thema" findet ihr weitere Artikel zur WM 2008.

Das Halbfinalspiel gegen Schweden in voller Länge:

Das Bronzespiel gegen Tschechien in voller Länge:

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