03.
2007
Taktik und Biss
Es war ein interessanter Unihockey-Samstag. Ich sass entspannt vor dem PC und schaute mir die beiden Cupfinalspiele der Damen und der Herren im Internet an. Natürlich ist es "live" in der Halle weitaus schöner, allerdings musste ich meinen väterlichen Pflichten nachkommen, vor dem PC war die Qualität allerdings besser als erwartet. Auch Björn Karlen und Giovi Marti machten ihre Sache als Co-Kommentatoren und Fachexperten gut. Karlen ging auch schon mal ein wenig härter ins Gericht - insbesondere mit dem UHCD, Giovi seinerseits war vor allem bemüht, gute Stimmung über den Bildschirm zu verbreiten. Beide machten ihre Sache wie gesagt gut - mit unterschiedlicher Arbeitsweise. Ebenso waren Zug und Langnau mit jeweils anderen Qualitäten erfolgreich. Obwohl die beiden Partien unterschiedlich verliefen, fanden beide Spiele in meinen Augen den richtigen Sieger.
Für mich hatte der Sieg der Zentralschweizer gegen Dietlikon nichts mit "Überraschung" oder "Sensation" zu tun. Man muss klar festhalten, dass Zug die wichtigsten Dinge im Unihockey am Samstag besser machte und deshalb verdientermassen gewann: die Defensive klappte, das Zweikampfverhalten in der eigenen Zone war stark, die Gegner wurden gekonnt in der uneffizienten Zone gehalten und zu (verzweifelten) Abschlüssen aus der Distanz gebracht. Und: Zug war effizient und vermochte die (wenigen) eigenen Chancen zu nützen. Dietlikon machte in meinen Augen den Fehler, im gegnerischen Slot zu wenig präsent zu sein, man spielte ein bisschen ums Tor, mal zurück, aber die Abschlüsse wurden sehr hektisch und unpräzise genommen - selten wurde vor dem Tor entschlossen und besser als der Gegner gearbeitet. Das Team wirkte auch unispiriert und ohne zündenden Ideen. Beispielsweise musste man im Powerplay froh sein, kein Gegntor erhalten zu haben.
In so einem Spiel wäre ein "dirty goal" wichtig gewesen, stattdessen liess man sich auf dieses Hase-Igel-Spiel ein und von Zug brutal auskontern. Für Dietlikon war es aber eine wichtige und lehrreiche Erfahrung, denn es gibt Spiele, in denen die individuelle Klasse durch die Taktik des Gegner neutralisiert wird, wie es Zug hervorragend gelang, da muss man trotzdem eine Antwort parat haben. Als Trainer predigst Du dann Deiner Mannschaft Geduld, das Spiel breit machen, Tempiwechsel, den Ball schnell spielen, die Verteidiger einbeziehen, Abschlüsse immer aufs Tor, Verkehr vor dem Goalie, vor dem Tor hart arbeiten etc. Es sind die einfachen Dinge, welche gut gemacht werden müssen. Und spätestens jetzt muss ich wohl wieder drei Euro ins Phrasenschwein schmeissen.
Während Zug United mit taktischer Disziplin und einer bestechenden Defensive die Dietlikerinnen in die Verzweiflung trieb, um im entscheidenden Moment selber zuzuschlagen, wählte Langnau für seinen Triumph nicht die Igel-Taktik. Bemerkenswert, wie hoch immer wieder die Wiler-Spieler attackiert wurden. So gelang es dem SVWE selten, sich über lange Zeit festzubeissen. Apropos Biss: die ersten 20 Minuten war ich etwas enttäuscht von Langnau, wo war bloss der Tiger? Ich glaube, man musste auf Emmentaler Seite zuerst mit der besonderen und ungewohnten Atmosphäre zurecht kommen und es brauchte wohl auch diesen 0:2-Rückstand, um wach zu werden. Allerdings haben sie mich in der Folge eines Besseren belehrt. Das war grosse Klasse. Vor so einer Kulisse in einem solch' wichtigen Spiel gegen einen solch' abgeklärten Gegner das 0:2 in ein 3:2 zu kehren, war wirklich super. Wieder mal haben es die schussgewaltigen Kanoniere aus der Emmentaler Defensive gerichtet, wie so oft. Wenn's nicht läuft, holen sie den Hammer raus, danach wirbelte auch die Offensive immer besser. Johan Schönbeck hat die hungrige Mannschaft heiss gemacht, aber keiner kochte über - nur eine Strafe hat Langnau genommen, denn das Powerplay-Spiel Wilers ist immer für ein Gegentor gut und vor allem kann das Momentum wechseln, da hat Schönbeck sein Team im Griff gehabt. Trotz der Disziplin waren die Tigers aber enorm bissig und liessen dem Wiler-Sturm wenig Möglichkeiten zur Entfaltung. Schliesslich musste der Favorit auch die "dirty goals" in Anspruch nehmen um noch im Spiel zu bleiben. Bezeichnend, dass die dritte Linie am meisten zu bewegen vermochte.
Für die Wiler-Stars war es aber auch schwierig gegen eine bissige Langnauer Mannschaft zu bestehen. Ein Team, welches noch keine Titel im Überfluss hat, welches in dieser Saison aber erstmals seit langem die Qualität hat, ein Wiler-Ersigen jederzeit zu schlagen und sich diese Chance in diesem grossen Spiel nicht nehmen liess. Ich bin gespannt, wer in der Meisterschaft Wiler paroli bieten wird. Ich gehe davon aus, dass eine erste Gegenwehr bereits von Rychenberg ausgehen wird. Die sind genauso heiss und werden auch ihr ganzes Leistungsvermögen abrufen. Wiler muss sich wieder mit dieser Rolle des Gejagten anfreunden und mit dem Druck umgehen. Mit dieser Mannschaft wirst Du nun mal immer zum Favoriten erklärt - das darf jedoch nicht hemmen, das muss beflügeln. Die zweite Halbfinalpartie wird aus meiner Sicht eine absolut harte und stark umkämpfte Geschichte. Ich bin der Meinung, dass Langnau in den Final einziehen wird, aber gegen Malans viel Kraft lässt. Trotzdem: Malans abzuschreiben, wäre falsch. Dann sind sie stark. Sie freuen sich schon, dass man sie schon wieder nicht auf der Rechnung hat. Zu was das führen kann, hat man letztes Jahr gesehen. Auch ich lasse mich auf eine andere Fährte locken: ich behaupte, dass der Cupfinal das Vorspiel für das Playoff-Finale war. Wiler-Ersigen gegen Langnau Tigers. Und für Wiler war es vielleicht im Nachhinein besser, dieses Spiel zu verlieren, denn im Finale werden sie mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch die Schmach wettmachen wollen. Ich bin mir sicher, dass in der Final-Serie Wiler mehr Erfahrung und mehr Konstanz aufweist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Team auch das zweite Jahr in Folge komplett ohne einen Titel bleibt. Jedoch müssen sie wieder Hunger und Biss an den Tag legen. So wie vergangenen Samstag die Langnauer.