10.
2014
Immer noch ein Plastikstock?
Die NZZ hat ihr heutiges Wort zum Sport dem Thema «Eishockey ohne Schlittschuhe» gewidmet und führt die Leserschaft in eine scheinbar unbekannte Sportart ein. Ein Beispiel gefällig? Voila: «Für alle, die sich nicht so auskennen: Unihockey trägt seinen eigenwilligen Namen, weil es die verschiedenen Elemente aus Feldhockey und Eishockey miteinander verbindet.» Man wähnt sich in Ur-Ur-Zeiten zurückversetzt, als damalige Granden des Unihockeys dem Moderator Werner Vetterli im Sportpanorama Visionäres wie das baldige Ende des knieenden Torhüters verkünden durften und mit einem weissen Plastikstock Präzisionsschüsse abfeuerten.
Dass solche Stöcke - es gab sie übrigens auch in schwarzer Ausführung - im Vereinssport noch immer im Einsatz stehen, war mir bis heute unbekannt. Der NZZ-Kolumnist Mikael Krogerus (er ist in Schweden aufgewachsen und hat dort offenbar selber Innebandy gespielt), dessen Sohn sich fürs Unihockey entschieden hat, schreibt weiter: «Und jetzt greift ausgerechnet mein Kind zum Plastic-Schläger.» Ich hoffe mal, der besorgte Vater hat einfach bei seiner Recherche geschlampt - und der arme Junge (dem ich viel Spass im Unihockey wünsche) muss nicht mit einem historischen Schläger aus den 1980er Jahren auf Torjagd gehen.
Im Gegensatz zu anderen nationalen Medien, existiert in der NZZ das Unihockey seit einiger Zeit (Heim-WM 2012) praktisch nicht mehr. Man kann froh, sein, wenn am Montag oder am Dienstag die Ergebnisse der NLA gedruckt werden. Cupfinal 2014: Kurzmeldung. Saisonvorschau 2014/15: Fehlanzeige. Champions Cup in Zürich? Fehlanzeige. Das war nicht immer so. 2008 publizierte die «Alte Tante» etwa ein längeres Interview mit dem damaligen Wiler-Stürmer Reto Balmer im Vorfeld des Europacups. 2005 erschien ein Journalist der NZZ gar zur Saisoneröffnungs-Medienkonferenz von GC, um mit der damaligen Neuverpflichtung Peter Runnestig ein längeres Interview zu führen. Dass neun Jahre später ein ungleich bekannterer Landsmann Runnestigs in blau-weiss aufläuft, scheint die NZZ im Gegensatz zu anderen grösseren Medien wie SRF, Tages-Anzeiger oder Berner Zeitung nicht zu interessieren. Möglicherweise wird im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Schweden so etwas wie eine Berichterstattung in Erwägung gezogen. On verra...
Dass die NZZ die Sportart Unihockey nicht und nur höchst marginal interessiert ist eine Sache. Wenn im ersten längeren Bericht seit einem Jahr aber journalistisch in die Mottenkiste gegriffen wird, internationale Fantasienamen kreiert und abgehalfterte Vergleiche mit Eishockey gemacht werden, wurde nicht nur schlecht recherchiert, sondern zugleich die Tatsache verkannt, dass Unihockey durchaus mehr ist als die vom Kolumnisten beschriebene «Randsportart der Randländer». Einige Beispiele: 11500 Zuschauer im Hallenstadion an der Heim-WM 2012, jedes Jahr ausverkaufter Cupfinal in Bern mit über 3000 Fans, zweitgrösster Mannschaftssportverband mit über 30'000 Lizenzierten, gesicherte SRF-Live-Übertragung des Superfinals 2015 in der Kolpingarena.
Naja 80.255.97.36
29. 10. 2014
SRF 178.194.196.88
28. 10. 2014
Keller Damian
28. 10. 2014