02.
2017
Für Klein und Gross
Aktuell spielt die Schweizer Frauen-Nati in Celano (Italien) um die WM-Qualifikation. Für die Schweizer Equipe ein Pflichttermin – gegen Deutschland, die Niederlande, Estland und Österreich würde auch die U19-Nati Gruppensieger werden. Für die WM qualifizieren sich in Europa die beiden Ersten jeder Gruppe sowie die zwei Besten der vier Gruppendritten. Der „U19-Spruch“ mag arrogant klingen, gibt aber die aktuellen Stärkeverhältnisse wieder. Bei Deutschland (6. des IFF-Rankings), dem vermutlich stärksten Kontrahenten der Schweizerinnen, spielen beispielsweise die beiden besten Frauenteams in der Verbandsliga der Männer. Bei der Niederlande (14.) kommen die meisten Spielerinnen vom Landhockey. Bei Österreich spielen einige in der 2. Liga in der Schweiz.
Ich musste schmunzeln, als ich die Vorschau von swiss unihockey las, wo Naticoach Rolf Kern von der „Integration von taktischen Elementen“ sprach und von einem „nächsten Meilenstein“ die Rede war. Das tönt gut, in Tat und Wahrheit wird die Schweizer Equipe aber jeweils praktisch 60 Minuten in Ballbesitz sein und sich gegen einen überforderten Kontrahenten im Toreschiessen üben können. Vor zwei Jahren erlaubten sie sich sogar den „Scherz“, die Torhüterinnen bei jedem Gegentreffer zu wechseln. Zur Erinnerung: Das Torverhältnis lautete damals nach fünf Partien 94:3.
Es ist nett gemeint, dass die Top-Nationen durch die Quali müssen. Das gibt Unihockey einen Touch mehr von ernsthaftem Sport. Doch, und da spreche ich aus eigener Erfahrung als Natitrainer Liechtensteins, macht es für die „Kleinen“ meist wenig Spass gegen die „Grossen“ zu spielen. So spätestens ab dem 0:10 hofft man einfach nur noch, dass das Ganze möglichst bald endet. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so etwas auch für die überlegene Mannschaft Spass macht. Ausser man hat den Ehrgeiz, jeden Gegner zu vernichten. Und das schreibe ich bewusst ohne Anführungszeichen.
Der Grund ist einfach: Die Top-4-Nationen betreiben den Sport auf einem ganz anderen Level. Organisatorisch, sportlich und wirtschaftlich. Vermutlich noch in 20 Jahren werden die gleichen vier Nationen um die Medaillen kämpfen. Wenns gut läuft für den Rest, nur noch zehn. Das war in anderen Sportarten – Eishockey fällt mit spontan ein – zu Beginn auch so.
Viel mehr als aussichtslose Direktbegegnungen würde den „kleinen“ Nationen wohl helfen, wenn die Stars zwar in der gleichen Halle, aber untereinander spielen. Warum nicht eine „Europameisterschaft“ im Februar? In Celano spielen beispielsweise derzeit zwei WM-Qualigruppen. Warum nicht eine „EM-Gruppe“ und eine „WM-Quali-Gruppe“? So hätten die „Grossen“ anständige Spiele und die „Kleinen“ bekämen live Anschauungsunterricht. So könnte auch der leidige Natitermin im April endlich gestrichen (oder zumindest verschoben) werden. Wegen diesem finden in diesem Jahr alle Entscheidungen der Top-4-Nationen am gleichen Wochenende statt...