02.
2015
Mehr Respekt
Wenn es um Schiedsrichter geht, haben wir in der letzten Zeit manchmal ein wenig ein unglückliches Händchen. Die Herren Baumgartner und Kläsi können ein Liedchen davon singen. Ich habe mir geschworen, dass ich nie mehr mit einem Schweizer Schiri ein Interview mache während einer WM. Gestern der nächste „Coup". Ein eingesandtes Video über den entscheidenden Penalty-Treffer in der Verlängerung des 1.-Liga-Playoff-Viertelfinal zwischen Lok Reinach und Basel Regio schalteten wir den tollen Emotionen nach dem Treffer wegen auf unserer Facebook-Seite auf. So weit, so unspektakulär.
Es dauerte nicht lange, bis die Antwort von Basel Regio kam. Der Penalty-Entscheid war wie wir dann erfuhren, höchst umstritten. Statt den Stock habe der Verteidiger den Ball getroffen, waren die Basler überzeugt. Beim ersten Blick des Videos dachte ich noch, „nie und nimmer, klarer Penalty". Ab dem fünften Mal und in Verzögerung wich die Überzeugung. So ähnlich ging's auch Fachleuten, welche sich das Video anschauten. Und ich wette, dies taten auch die Herren in den Schiedsrichter-Kommissionen.
Die Reaktionen der User waren aber eindeutig. „Eine Frechheit, so ein Video zu posten", war zu lesen, „schlechte Verlierer" und ähnliches. Ich will den Stab nicht über Basel Regio brechen. Jeder, der Sport in einem Meisterschaftsbetrieb spielt und das entscheidende Spiel nach einer umstrittenen Szene verliert, ist zutiefst enttäuscht. Da werden Sündenböcke gesucht. Und eine 5:6-Niederlage nach einer 4:0-Führung tut sicher doppelt weh. Aber ob da nur der Schiri dran Schuld ist?
Trotz allem: Das Beispiel zeigt halt auch, dass der Respekt vor den Schiedsrichtern in der Schweiz immer noch sehr, sehr tief ist. Das sage ich nicht wegen dem besagten Video sondern wegen vielen anderen Beobachtungen. So wie an einem Vorbereitungsturnier im Sommer (!), als ein Schiri nach einem Outball (!) von einem Trainer so was von zusammen gefaltet wurde. Unglaublich. Wenn ich dort Schiri gewesen wäre, ich hätte dem Trainer die Pfeife in die Hand gedrückt und gesagt, „besser, wenn du meinen Job machst".
Nein, Schiedsrichter zu sein in der Schweiz ist kein Zuckerschlecken. Dabei wurde kurz vor der Saison die Kampagne „RESPECT" von den vier Hallensport-Verbänden lanciert. Schade, dass die gutgemeinte Aktion rasch in den Hintergrund rückte. Ich habe jedenfalls nie mehr was darüber gelesen oder eine Botschaft in einer Halle gesehen. Das wäre doch mal eine Idee für den Sticker auf dem Trikot? Im Fussball werden beispielsweise Transparente zu Anti-Rassismus-Kampagnen oder Fairplay-Aktionen aufgehängt. Einfach auch, um die Beteiligten daran zu erinnern.
Wir machens jetzt auf diesem Weg:
RESPECT gegenüber dem Schiedsrichter heisst ...
... dass auch der Schiedsrichter Fehler machen darf. Er ist nur ein Mensch und muss innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden.
... dass wir bei umstrittenen Situationen ruhig bleiben und uns aufs Spiel konzentrieren. Ändern können wir sowieso nichts mehr.
... dass wir Entscheide des Schiedsrichters nicht kritisieren oder kommentieren. Nur unser Captain spricht während dem Spiel mit ihm.
... dass sich alle Spieler nach dem Schlusspfiff beim Schiedsrichter bedanken. Er liebt den Sport genauso wie wir und macht seine Arbeit oft ehrenamtlich.
Immer wieder ist gerade in den höchsten Ligen zu hören, „wir trainieren so viel und so hart und dann kommt ein untrainierter Amateur-Schiri und macht uns alles zur Sau". Ungefähr so werden die Schiedsrichter dann auch auf dem Spielfeld angegangen. Kaum ein Spiel, wo nicht ein Trainer sich lautstark über die Schiedsrichter beschwert. Und dann nach einer Verweisung auf die Tribüne noch motzt, „die Schiedsrichter müssen auch Respekt vor den Trainern zeigen." Absolut unnötig. Wie soll eine Kommunikation möglich sein, wenn eine Partie partout nur jammert?
Rein rational gesehen, irgendwie logisch, dass jedes Jahr Schiripaare wieder genug haben, Wochenende für Wochenende der Buhmann zu sein. Die Teams haben beispielsweise jedes zweite Wochenende ein Heimspiel. Ein Schiri hat jede Woche ein Auswärtsspiel. Aber scheinbar interessiert das die Wenigsten, gerade auf NLA-Stufe. Da wird lieber gejammert, dass ein Schiedsrichter vor drei Jahren einmal einen Fehlentscheid gegen das eigene Team pfiff. Und es soll auch Spieler geben, die sich einreden, dass gewisse Schiri persönlich etwas gegen sie hätten. Ehm, ja.
Was immer wieder vergessen wird: Seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten, beklagt Unihockey - wie auch andere Sportarten - einen Schiedsrichtermangel. Viele pfeifen eine Saison und hören dann auf. Nur die wenigsten beissen sich durch. Durch die vielen Rücktritte steigen die ambitionierten Schiris teilweise fast zu schnell in höhere Ligen auf. Gerade an NLA-Doppelrunden wird der Mangel augenscheinlich. Immer wieder müssen Duos ran, welche eigentlich noch etwas Reifezeit bräuchten. Da wird das eine oder andere Talent „verbraten".
Aber, schaut man sich dem Treiben auf den NLA-Feldern an, ist das ja egal. Schiedsrichter wachsen auf einem anderen Stern. Wenn einer aufhört, holt man halt den nächsten. Und grundsätzlich, glaubt man den ausländischen Trainern, können Schweizer Schiris ja sowieso gar nix. Es soll auch andere Meinungen dazu geben. Vor allem, dass praktisch keine ehemaligen Nationalliga-Spieler selber zur Pfeife greifen und zeigen würden, dass sie eben mehr als motzen können, ist enttäuschend.
Es gibt zum Glück auch andere Beispiele. Wie beispielsweise Sandra Zurbuchen und Corina Wehinger, welche nach der eigenen Karriere den Wechsel vornahmen und seither bemerkenswert souverän arbitrieren. Oder Ella Piotrowska und Terezie Parysova, welche gleichzeitig in der NLA spielen und daneben auch noch Grossfeld-Spiele leiten. Erstaunlicherweise alles Frauen. Mein allergrösster Respekt davor.
Mein Vorschlag: Zwei bis drei skandinavische Schiris werden als Profis zur Überbrückung der aktuellen Situation eingestellt und von den Nationalliga-Teams bezahlt. Ansonsten - der Vorschlag wird den Betreffenden zu teuer sein - ist ein Umdenken nötig. Und endlich mehr Respekt.
Dirk Kleinfeld 77.56.202.173
05. 03. 2015
Bergfloh 178.194.240.77
26. 02. 2015
Spieler und ehemaliger Schiri 31.165.174.29
26. 02. 2015
spieler 81.226.161.22
26. 02. 2015