03.
2017
Ein neuer Kent Ruhnke?
Nach dem sang- und klanglosen Out des HC Rychenberg wäre es eigentlich ein einfaches, jetzt über die Winterthurer „Söldnertruppe" herzuziehen. Haben ja auch schon einige gemacht, frei nach dem Motto „wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen". Klar, wer sechs Ausländer holt, erhofft sich mehr als nur den Einzug in den Viertelfinal. Logisch, dass dann Schadenfreude aufkommt. Auch noch nach dem „verrychenbergerten" Cupfinal. Die Gespräche der Vereinsleitung dürften derzeit nicht von euphorischer Grundstimmung geleitet werden.
Zu viel Schadenfreude ist trotzdem nicht angesagt. Immerhin hat es der HCR zustande gebracht, mehr Geld für die NLA-Mannschaft aufzutreiben als in den Vorjahren. Das würde man sich auch von anderen Vereinen wünschen. Und die Winterthurer sind auch einer der wenigen NLA-Vereine, der sogenannte „Eventspiele" organisiert. Die Ausflüge in die Eulachhalle tun der Akzeptanz des Sports nicht nur in Winterthur gut.
Das Aus des HCR zeigt aber auch, dass sich der Erfolg nicht kaufen lässt und dass es sinnvoller ist, in den eigenen Nachwuchs zu investieren. Dass die Winterthurer kürzlich ihren langjährigen U21-Trainer mangels zu wenig guten Resultaten freistellten, sorgte manchenorten für Kopfschütteln. Nachwuchstrainer sollten nur an Weltmeisterschaften nach Resultaten beurteilt werden.
Gerade bei den Tigers war die Schadenfreude gross. Aber erklärbar ist der Coup allemal. Der Druck lag ausschliesslich beim HCR. Und dass Qualität im Tigers-Kader vorhanden ist, dürfte bekannt sein. Nicht umsonst ist Johan Samuelsson Captain der schwedischen Nati.
Interessant war, dass ausgerechnet während den Playoffs die Trennung von Tigers-Coach Daniel Hahne auf Ende Saison bekannt gegeben wurde. Ein Déjà-vu für den Schweden. Mit Växjö stieg er in die SSL auf und musste danach gehen, bei Malans wurde er ein halbes Jahr nach Cupsieg und Vizemeistertitel freigestellt.
Vor einem Jahr wurde er von Langnau als Hoffnungsträger und Ausbildungsverantwortlicher vorgestellt. Nun strebe der Vorstand eine längerfristige Lösung an und woll auf vier, fünf Jahre hinaus planen, sagte Sportchef Marc Dysli diese Woche der „BZ". „Mit einem ausländischen Trainer ist das generell nicht so einfach", so Dysli, dazu geselle sich der finanzielle Aspekt. Bereits vorher hatte Hahnes Trainerkollege Niklaus Engel angekündigt, Ende Saison aufzuhören.
Ganz böse Zungen im Emmental behaupten nun, die Trennungsmeldung habe die nötige Extramotivation für den Viertelfinalcoup geliefert. Aber nur Chronisten mit Neigung zu Polemik würden daraus jetzt eine grosse Story machen. Ich sage: Daniel Hahne könnte zum zweiten Kent Ruhnke werden. Dieser, ältere Leser erinnern sich, war früher ein ganz respektabler, wenn auch rumpliger Trainer. 1983 coachte er den EHC Biel zum Titel. In der Neuzeit (2000 mit den ZSC Lions und 2004 mit dem SC Bern) holte er zwei weitere Titel - und musste Ende Saison gehen, weil die Clubverantwortlichen ein anderes Gesicht an der Bande sehen wollten. Der Titel mit den Tigers wäre dann so quasi das „Hahnehäubchen" der Saison.