10.
2012
Gegen das Dagegen
Neulich fiel mir das alte Programmheft der WM 2004 in die Händr. Ich habe solch alte «Perlen» aufgehoben. Man weiss ja nie, «Geschichtsstunde» und so. Mir kam auf einen Schlag die damalige Aufbruchstimmung in den Sinn. Ein kochender Schluefweg, Liveübertragung im TV, Matthias Hofbauer im Sportpanorama, die Zeitungen voll mit Unihockey. Alle dachten, nun ist der lang ersehnte Durchbruch da. Acht Jahre später sind wir aber keinen Schritt weiter. Wir spielen immer noch in den gleich kleinen Hallen vor gleich wenigen Zuschauern.
Woran liegt‘s, dass Unihockey immer noch eine nette, aber belächelte Randsportart ist? Von den Vereinen ist meist zu hören, dass die Medienpräsenz grösser sein sollte. Sollte sie wirklich? Ich zitiere da einen Sportjournalisten: «Warum sollten wir über einen Sport berichten, für den sich nicht mal die eigenen Sportler interessieren?» Anders gesagt: Wenn wir 30000 Lizenzierte haben - mehr als Eishockey - aber bei SML-Spielen nur rund 500 Zuschauer kommen, dann kann es kein Thema für die grosse Masse an Sportinteressierten sein.
Zum Thema Medien und SML-Vereine liesse sich ein abendfüllendes Referat halten. Ein Blick auf die SML-Homepages reicht da auch. Ausser Spielberichten und Transfermeldungen im Sommer ist da nicht viel zu erfahren. Darin liegt eines der Kernprobleme des Schweizer Unihockeys: Die SML-Vereine verkennen die Situation total und verhalten sich wie ein NLA-Eishockey- oder Fussballverein in der entscheidenden Meisterschaftsphase. Ja keine Information darf an die Öffentlichkeit gelangen. Ein neuer Ausländer kommt erst einen Monat später? Eine zurückgetretene Spielerin gibt ihr Comeback? Ja nichts melden, der «Feind» könnte ja einen Vorteil daraus ziehen. Dabei wäre eine offene Kommunikation etwas vom Wichtigsten für eine Randsportart. Nur wer immer wieder Meldungen an die Redaktionen schickt, wird auch wahrgenommen.
Das grösste Problem ist aber das Gärtchendenken der meisten Vereine. Meist geht die Planung nicht über den eigenen Verein hinaus. Dem Rivalen wird nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gegönnt. Schnell wird bei allen möglichen Gründen eine Verschwörung gegen den eigenen Verein vermutet. «Die wollen uns nicht an der Spitze sehen», «die wollen nicht, dass wir gewinnen», «die behandeln uns nicht gleich wie andere». Die Aufzählung liesse sich beliebig verlängern. Der eigene Verein als Trutzburg gegen alles Böse.
Die «wir sind dagegen»-Kultur ist leider tief verwurzelt in der Schweiz. Schon unsere Vorfahren erprügelten sich ihre Freiheit. Kein Wunder ist die SVP die grösste Partei der Schweiz. Das Problem ist einfach, dass das «Dagegensein» Fortschritt verhindert. Man nehme - um zum Unihockey zurück zu kommen - die Nationalliga-Präsidenten-Konferenz. Eigentlich die mächtigste Institution in der Unihockey-Schweiz. Nur herrscht dort leider meistens nur dann Einigkeit, wenn es darum geht, gemeinsam gegen etwas zu sein. Am liebsten gegen Vorschläge aus dem Nationalliga-Komitee. Leider geht dann vergessen, dass dies keine «Gegner», sondern gewählte Vertreter aus den Vereinen sind. Für die vom NLK vorsichtig angedeutete Diskussion um ein einzelnes Finalspiel sehe ich persönlich schwarz. Lieber weiterhin kleine Brötchen essen und jammern, als gemeinsam versuchen, einen grösseren Kuchen zu backen.
Zurück zur «Dagegen-Kultur». Den einzigen Weg so zu Erfolg und Wachstum zu kommen, ist besser als der «Gegner» zu sein. So entstand die Erfolgsgeschichte von Wiler-Ersigen, das genug hatte von der Bündner Vorherrschaft in der NLA. Aber nicht mit gegenseitigem Misstrauen und Neid. Will das Schweizer Unihockey weiterkommen, sind starke SML-Vereine, die bei aller sportlichen Rivalität gemeinsam ein Wachstum ansteuern, vonnöten. Vereine, die nicht nur jammern, sondern auch neuen Projekten aufgeschlossen gegenüber stehen. Ich habe keine Lust, weitere acht Jahre Stagnation zu erleben.
Cheftrainer
25. 10. 2012
maro78
25. 10. 2012
kleiner Verein 10.22.8.3
25. 10. 2012