02.
2009
Eine Frage des Respekts
Nach Abschluss jeder Fussballrunde der Serie A seziert das italienische Staatsfernsehen RAI auf seinem ersten Kanal die grössten Unterlassungssünden der Unparteiischen der letzten Meisterschafsbegegnungen. Was im südlichen Nachbarland «la moviola» heisst, nennt sich im samstagabendlichen Sportstudio des ZDF «Pfiff des Tages». Pfiffe, oder eben Nicht-Pfiffe, der Schiedsrichter werden von Fachexperten aus hunderttausend verschiedenen Blickwinkeln analysiert, seziert und in oftmals - vor allem bei RAI 1 - hochemotionalen Debatten an die Öffentlichkeit getragen.
Die allseits beliebte Polemik rund um die Entscheidungen der Schiedsrichter ist indes keine rein fussballtypische Eigenheit. Auch im Schweizer Unihockey erfreut sich das «Referee-Bashing» grossen Zuspruchs. Nur schon ein Blick in das Forum von unihockey.ch reicht, um sich dessen Gewahr zu werden. Der Rücktritt eines umstrittenen Schiedsrichterpaares mit der höchsten nationalen Qualifikation wird hier beispielsweise mit Genugtuung kommentiert und regelmässig müssen die Schiedsrichter als Schuldige für die Niederlage(n) ihrer Lieblinge den Kopf herhalten. Es soll gar Vereine der höchsten Liga geben, die beim Verband vorstellig werden, wenn sie das Schiedsrichter-Aufgebot erhalten und sie mit diesem nicht einverstanden sind. Und an Trainerkursen diskutieren Trainer und angehende J&S-Experten zuweilen lieber über die Verfehlungen der Männer in Schwarz, als sich auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren.
In meinen Augen ist ein professionelles Verhältnis zwischen der Mannschaft und den Unparteiischen Grundvoraussetzung für einen beidseitig reibungslosen Ablauf des Spiels. Aber ist es professionell, wenn der Trainer, einem Hampelmann gleich, lautstark jeden einzelnen Pfiff des Schiedsrichters kommentiert? Man könnte die ganze Sache ja auch umkehren und die Schiedsrichter würden jeden Fehlpass des Natistars mit nicht minder lauter Kritik quittieren. Wo kämen wir denn da hin...?
Für ein professionelles Verhältnis zwischen Schiedsrichter und Teams braucht es daher vor allem eines: gegenseitigen Respekt. Kritikfähigkeit, Diskussionsvermögen und das Verständnis für die Arbeit des Gegenübers müssen auf beiden Seiten zwingend vorhanden sein. Ich selbst beispielsweise bin ein grottenschlechter Schiedsrichter. Ich weiss das und die meisten Spieler, die je unter mir gespielt haben, werden das ebenfalls bezeugen. Was also gibt mir das Recht auf den Unparteiischen wie ein Berserker herumzutrampeln, wenn ich es selbst nicht besser kann?
Vielfach wird von Seiten Spieler und Trainer moniert, die Schiedsrichter kommunizieren zu wenig mit ihnen. Unter Kommunikation wird an dieser Stelle diejenige verstanden, die konstruktiv ist, den gegenseitigen Respekt fördert und so zu einer Leistungsverbesserung führen soll. Wie erstaunt und erfreut war ich, als ich vor gar nicht all zu langer Zeit nach einer 3. Liga-Grossfeld-Meisterschaftsrunde von einem Schiedsrichter eine Email erhielt, worin der Unparteiische sich für unser besonnenes Verhalten in einer hektischen Partie bedankte. Von solchen kleinen, aber feinen Taten sollte es mehr geben, denn letzten Endes sitzen wir alle - egal ob Spieler, Schiedsrichter oder Trainer - im gleichen Boot.
Ragazzi, se alla fine vi togliono la vitirota contro Bozen, dovremo andare avanti con piu ricorsi, v 86.65.191.234
30. 09. 2012