12.
2014
Damals, 2028
Jan Billeter räusperte sich nochmal kurz, ehe er gewohnt galant die TV-Zuschauer begrüsste. «Guten Abend meine Damen und Herren und herzlich Willkommen zum WM-Studio der IFF Floorball WM». Dann begrüsst er auch die Experten im Studio, Manuel Engel und Paolo Riedi. Billeter und Engel waren ein eingespieltes Duo, das sich jahrelang mit Kulttrainer Petteri Nykky herzhafte Rededuelle geliefert hatte. Doch der in Ehren ergraute Nykky wurde kürzlich etwas unsanft in den Ruhestand gelobt - die nuschligen Analysen im stark finnisch geprägten Deutsch verstand am Schluss kein Zuschauer mehr. Zudem hatte sein Running Gag, «damals, als ich Trainer in Finnland war», die Halbwertszeit deutlich überschritten. Zuletzt wurde er in einem Weihnachtsspot der Mobiliar gesehen.
Riedi sass noch etwas steif im Sessel, zum Aufwärmen durfte er nochmals den grössten Moment seiner Karriere erzählen. «Paolo, wie war das damals in Göteborg», munterte ihn Billeter auf. Wieder einmal darf Riedi die Geschichte zum besten geben, wie er damals in Warberg sass, die Zeitung las und von Sandro Dominioni den Capuccino auf den Tisch gestellt bekam. Und wie plötzlich sein Telefon klingelte. «Paolo, wir brauchen dich», hörte er die Stimme des damaligen Schweizer Assistenztrainers Esa Jussila, heute als IFF-Präsident der mächtigste Mann im immer grösser werdenden Unihockey-Business. Mühevoll hatten sich die Schweizer damals in Göteborg durch die Qualifikation gekämpft, nach einem 0:7 gegen Tschechien und einem rumpligen 2:1 gegen Norwegen knapp die Viertelfinals erreicht. Dort brauchte es ein dubioses Eigentor von Joel Gysin, damit die aufmüpfigen Deutschen - die Mucha-Zwillinge mit je drei Toren - in die Schranken gewiesen werden konnten. Zu schlimmer Letzt zog sich Christoph Hofbauer beim teaminternen Tischtennis-Turnier eine Sehnenscheiden-Entzündung zu. «Paolo, setz dich ins Auto und komm», wies Jussila den Stürmer an.
Und Paolo kam. Im heroischen Halbfinal gegen Schweden, das zuerst alle Stars auf der Bank liess, tunnelte er in der Verlängerung seinen Teamkameraden Mattias Wallgren, dann brachte er das ausverkaufte Scandinavium mit dem 4:3 zum Schweigen. Und im Final gegen Finnland vor nur noch 2000 Zuschauern - die schwedischen Zuschauer hatten nach der Niederlage im kleinen Final gegen Tschechien die Halle deprimiert verlassen - verwandelte er auch noch den entscheidenden Penalty. Die Schweiz war Weltmeister. «Und Weltmeister bist du für immer», sagte Riedi schmunzelnd zum Abschluss.
Billeters Augen funkelten, die Geschichte hat er schon 1000-mal gehört, «doch sie ist immer noch grandios». Dann wandte er sich aber doch dem eigentlichen Thema zu. «Heute beginnt die IFF-Floorball-WM in Katar. Manuel, was sagst du zum Austragungsort?» Der kecke Emmentaler, der sich nach seiner Karriere als Sänger und Schauspieler einen Namen gemacht hatte, wand sich um eine klare Antwort. Klar, die Vergabe hatte einige Reaktionen hervorgerufen. Gerade in Schweden, dem selbsternannten Mutterland des Floorballs, war der Aufschrei gross. «Keine Tradition, keine Ahnung», mokierte sich Verbandspräsident Jan-Erik Vaara, nachdem er überzeugt war, dass Schweden nach 2014 endlich wieder einmal Austragungsort der WM sein würde. «Nun gut, es war ein Entscheid des IFF, den müssen wir so hinnehmen», meinte Engel, der aber auch darauf hinwies, dass in Katar vier wunderschöne, neue Arenen in Rekordzeit aufgebaut wurden. «Und wie stehen die Chancen der Schweizer», hakte Billeter nach. «Wir sind Aussenseiter. Das ist immer die beste Rolle für die Schweizer», wusste Engel. Und lächelte, genauso wie Riedi.
Kalle 178.195.220.61
04. 12. 2014
Träumer 81.221.100.151
04. 12. 2014