22.
05.
2014

Der schwarze Samstag

Voneschen Reto

Von: Voneschen
Reto

Gewisse Tage vergisst man nie. Der 22. Mai 2004 ist so einer. Genau heute vor zehn Jahren wurde der Unihockey-WM-Halbfinal zwischen der Schweiz und Tschechien im Klotener Schluefweg ausgetragen. Die Euphorie war riesig. Die Schweizer hatten in einem begeisternden Spiel zwei Tage zuvor Vizeweltmeister Finnland in der letzten Minute geschlagen und sich so den Gruppensieg gesichert. Alles schien angerichtet für den zweiten Finaleinzug nach 1998. Nicht das übermächtige Schweden galt es nun zu bezwingen, sondern das kleine Tschechien. Ja, richtig gelesen: klein. Damals waren die Tschechen das, was Lettland oder Deutschland heute ist: Ein aufstrebender Aussenseiter. Der vierte Rang an der WM 2002 war nach zwei 6. Plätzen an den Weltmeisterschaften zuvor die beste Rangierung. Die Schweizer galten als klare Weltnummer 3, Norwegen und Dänemark als erste Verfolger.

Tschechien also, dort wo die Leistungsträger Radek Sikora oder Ales Zalesny kurz vor der WM mit Grünenmatt in die NLB aufgestiegen waren. Grünenwas? Die allgemeine Stimmung in der Unihockey-Schweiz war klar: Nur die Höhe des Sieges über Tschechien ist noch offen. WM-Final wir kommen. Und das im eigenen Land, bei der ersten grossen Weltmeisterschaft in der Schweiz. Im grossen Schluefweg. Vor laufenden TV-Kameras. Der Durchbruch zum ernst genommenen Sport in greifbarer Reichweite. Die Unihockeywelt war bis um 19 Uhr an jenem 22. Mai 2004 rosarotiger als es das Athletik-Zentrum in St. Gallen sieben Jahre später.

Ich war damals Mitglied des Webteams der WM-Homepage und hatte die grosse Ehre über die Schweizer Spiele zu berichten. Nie werde ich die Stimmung vor dem Halbfinal vergessen. Selbst in der Webredaktion wurden Fahnen geschwungen, der Schluefweg selber ein einziger rotweisser Euphoriebündel. Nie war die Vorfreude auf einen Halbfinal grösser als damals. Auch nicht vor zwei Jahren gegen den damaligen Weltmeister Finnland im Hallenstadion. Gegen Tschechien musste es damals einfach reichen. Noch nie hatte die Schweiz gegen die Tschechen zuvor verloren. Die Gedanken schweiften bereits zum Final. Haben wir eine Chance gegen Schweden? Oder spielen wir doch gegen Finnland? Gegen welche wir eben erst gewonnen hatten? Der WM-Titel schien näher denn je.

Es kam alles anders. Die Verkrampfung war bis auf die obersten Ränge spürbar. Der Druck des Gewinnenmüssens lähmte die Akteure. Was ganz vergessen ging: Für die Tschechen war das Spiel gegen die Schweiz ein Glücksfall. Kein Finnland stand auf dem Weg in den Final im Weg. 3:3 stand es nach zwei Drittel und die Nervosität stieg bei den Schweizern. Kein Ball fand den Weg an Tomas Kafka vorbei. Die Minuten verrannen, die Euphorie im Publikum war längst lähmender Nervosität gewichen. In Schockstarre versetzte Marek Dvorak die 7400 Zuschauer mit dem 4:3 in der 59. Minute. Wenig später traf Radim Cepek ins leere Tor und der heutige Frauen-Natitrainer Sascha Brendler vergoss Freudentränen als tschechischer Nati-Assistent, während auf den Rängen das kollektive Kopfschütteln oder Heulen begann. Der WM-Final im eigenen Land: weg. Vorbei. Aus der Traum. Dass es danach im «Verliererfinal» im Penaltyschiessen zu keiner Medaille reichte, machte die Enttäuschung perfekt.

Die Niederlage gegen Tschechien lähmte die Entwicklung des Unihockeysports in der Schweiz auf Jahre hinweg. Sieger will die Sportnation sehen. Keine, die im entscheidenden Moment gegen einen Aussenseiter verlieren. Oder eine WM auf dem 4. Rang abschliessen. Unihockey war zwar kurzzeitig intensiv am Bildschirm aufgetaucht - jeden Tag brachte das Schweizer Fernsehen in der WM-Woche Beiträge, am Schluss sass auch Matthias Hofbauer im «Sportpanorama» -, tauchte aber gleich wieder ab. Die Schockstarre dauerte bis im Dezember 2012, als die Schweizer Unihockeyaner erstmals das Zürcher Hallenstadion füllten.

Sportlich erfolgte die Revanche etwas früher, als Simon Stucki 2008 die vollbesetzte O2-Arena mit seinem Siegestreffer in der Verlängerung des WM-Bronzespiels ähnlich zum Verstummen brachte, wie Dvorak vier Jahre zuvor. Die Euphorie der WM-Silbermedaille 2004 beschleunigte die Entwicklung in Tschechiens Unihockey um ein Mehrfaches. Von da an galten tschechische Spieler nicht mehr als Billigsöldner für untere Ligen, sondern als Verstärkungen für NLA-Teams. Im Gegenzug wurde die WM 2012 in der Schweiz für die Tschechen zu einem Desaster. Nach Niederlagen gegen Lettland im entscheidenden Gruppenspiel und Finnland sowie Norwegen in den Finalspielen belegten die Tschechen nur Rang 7. Und manch einer, der damals im Schluefweg eine Träne vergoss, dachte nur: «Ach hätten sie doch 2004 so gespielt.»

Für die ganz Harten: Hier die TV-Zusammenfassung des WM-Halbfinals 2004.

Ich habe noch heute im Ohr, wie Matthias Hüppi in die Mikrofone von SRF brüllte: «Türkyilmaz. Türkyilmaz... Kubilay Türkyilmaz könnte die Schweiz zum Sieg schiessen in... Das Wunder von Neuenburg
Die allererste Unihockey-WM 1996 in Schweden ging noch ziemlich unbemerkt an mir vorbei. Für mich stand damals das lokale Schaffen im Verein im Vordergrund - „wer bringt am... Prager Geschichten
Die Bekanntgabe von Jyri Korsman als neuer Trainer von Floorball Köniz ab nächster Saison löste einen Schwall an Mitteilungen aus. Trainerkollegen und ehemalige Spieler... Professor Korsman
Auf die Saison wird es drei neue Regeln geben. So zumindest kann man das auf (sehr) einschlägigen Websites (vermutlich ist hier der Plural schon falsch) lesen. Eigentlich ist... Cool, vernünftig und dämlich

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