10.
2007
Die verdiente Beachtung
Letzten Samstag musste ich ein wenig lächeln. In Sport Aktuell wurde über die Baseball Playoffs berichtet. Bern Cardinals gegen die Zürich Challengers. Oder so ähnlich. Gespielt wurde auf der grossen Wiese neben dem Stade de Suisse. Die Spieler zogen die Linien selber, schaufelten die Bases und stellten das Partyzelt für die „Festwirtschaft" auf. Die Idylle trübte nur der Hund, der während des Spiels kläffend übers Feld rannte. Zuschauer waren keine zu sehen, jedenfalls nicht von der Kameraeinstellung, die mehr von der Wiese als vom Spielfeld zeigte. „Herrlich, eine richtige Randsportart", dachte ich noch zu mir selber.
Dabei kam mir ein Satz in den Sinn, den ich in letzter Zeit öfters hörte. „Unihockey soll die Beachtung erhalten, die es verdient." Ja, welche Beachtung haben wir denn verdient? Will nicht auch der Baseballer mehr mediale Beachtung? Und der Radballer und der Tischtennisspieler? Es ist doch überall dasselbe: Jeder findet „seine" Sportart die geilste, die schönste und die beste. Und immer wird gejammert, dass im Fernsehen immer nur Eishockey und Fussball gezeigt wird. Wie ungerecht.
Dazu ein paar Zahlen: Am letzten Wochenende haben total 2‘155 Besucher die fünf Spiele der SM League besucht, ergibt einen Durchschnitt von sagenhaften 431 Zuschauern. Darunter waren wohlgemerkt drei Derbys, sowie das Heimspiel des Leaders. Zum Vergleich: Beim Eishockey-Schlusslicht EHC Basel liegt der Zuschauerschnitt bei 2‘749, selbst beim dauerkriselnden Ambri-Piotta kommen durchschnittlich 4‘545 Zuschauer. Ähnliches im Fussball: 4‘666 Fans wollen die Thuner Rumpelkicker jeweils sehen, Aufsteiger Xamax hat durchschnittlich 7‘805 Zuschauer und in Luzern wird sogar mit 10‘042 die magische Zehntausendergrenze geknackt.
Aber wir sind doch der drittgrösste Mannschaftssport der Schweiz, höre ich schon wieder einige rufen. Stimmt, darum ein paar Zahlen zu vergleichbaren Sportarten: Volley Näfels - mit fünf ausländischen Halbprofis - gewinnt vor 1‘000 Fans den x-ten Meistertitel, die Grazien von Voléro Zürich spielen in der Quali vor ein paar hundert Zuschauern in Oerlikon. Auch im Handball bleibt's übersichtlich: In St. Gallen kommen rund 750 Zuschauer, in Winterthur 583 und bei Ligakrösus Kadetten/GC gar nur 423. Seit drei Saisons sinken übrigens die Zuschauerzahlen beim Handball.
Und ja, wann kam denn der letzte TV-Beitrag über Handball oder Volleyball, wenn nicht gerade ein Länderspiel oder eine Champions League Spiel anstand? Nicht zu vergessen: In beiden Sportarten fliesst deutlich mehr Geld, Handballvereine beispielsweise haben meist sechsstellige Budgets und beschäftigen Halb- und Vollprofis. So weit sind wir ja noch lange nicht, so scheint es jedenfalls. Im Fernsehen wird das gezeigt, was die grosse Masse sehen will. Oder wenn Sendungen gesponsert sind, wie die Volleyball Spiele im Hallenstadion oder das Basketball-Länderspiel in der Saalsporthalle. Eine private Lottogesellschaft durfte dafür exklusiv die Bandenwerbung in der Liveübertragung zeigen.
Also, nicht immer jammern. So schlecht steht es nicht mit Unihockey. Die Erkenntnis ist aber nicht neu, aber immer noch aktuell: Unihockey wird gerne von vielen gespielt, aber auf Leistungsniveau von wenigen Zuschauern besucht. Seit Jahren stagnieren die Zuschauerzahlen während der Qualifikation, warum eigentlich? „Ich gehe dann wieder wenn's spannend wird", höre ich oftmals sagen. Eine bequeme Einstellung, die aber nicht gerade weiterhilft. Ein Bündner Derby am Samstagabend vor 600 Zuschauern? Jedem, der nicht dabei war, dem sei gesagt: Er hat etwas verpasst. Wann gab's letztmals 20 Tore in einem Spiel? Vielleicht wäre die totale Offensive, so wie sie Chur und Alligator praktiziert haben, der Schlüssel. An Spektakel hat es definitiv nicht gefehlt...
Also meine Herren, Innovation ist gefragt. Nur guter Sport reicht heutzutage nicht aus um in der breiten Palette des Sportangebots herauszustechen. Man muss dem Publikum mehr bieten als nur lauwarme Hotdogs. Zuschauerwettbewerbe, Pausenattraktionen, guter Sound und und und... Im Jura gab es einst einen Basketballclub, dort wurden nach Spielschluss die Stehtische gleich aufs Spielfeld gerollt. Bis tief in die Nacht wurde dann in weinseliger Stimmung über das Spiel und Gott und die Welt diskutiert. Ein Dorffest alle zwei Wochen quasi.
Seit dem Einstieg der Mobiliar tut sich ja auch glücklicherweise was. Mit den Artikeln in „20 Minuten" wurde guter Anfang gemacht. Das ist zwar nicht billig, erreicht aber die richtige Zielgruppe. Zu tun gibt es aber noch vieles. So lange nur schon banale Sachen, wie ein funktionierender Liveticker, nicht klappen, können wir nicht nach mehr schreien. Step by step, heisst das Motto. Und dass der Einstieg des Fernsehens auch nicht immer ohne Nebengeräusche abläuft, bekommen die Schweden gerade zu spüren. Der neue Sportkanal SVT4 überträgt neu Unihockey Spiele live. Leider nur mit zwei Kameras, die hinter dem Tor installiert sind. So werden die Zuschauer mehr verärgert, als dass der Sport gut verkauft wird...