03.
2010
Hey, Schiri!
Von: Keller
Damian
Meistens beginnt es schon mit dem ersten Pfiff des Spiels. Augen werden gerollt, Arme hilflos verworfen, ein halbes Dutzend Hände schiessen in die Höhe. "Unser Ball, unser Ball!", wird moniert. Im Verlauf des Drittels hat der Captain sicher dreimal das Bedürfnis, sich einen Entscheid, der ohnehin nicht umgestossen wird, aus der Nähe der Schiedsrichter erklären zu lassen. In der Drittelspause wird beim Jurytisch dann eine Diskussionsrunde gebildet - jeder Captain schnappt sich einen der fahrlässigerweise nicht sofort in die Garderobe geflüchteten Unparteiischen und diskutiert irgendwas. Die Trainer müssen hinten anstehen und können ihren Gesprächsbedarf erst auf dem Weg vom Feld stillen. Zuvor hatte sich ihre Kommunikation meistens auf ein "Aber Schiri... Hey!!!" beschränken müssen, weit ausgebreitete Arme oder über dem Kopf zusammengeschlagene Hände inklusive. Mache Darbietungen sind oscarverdächtig.
Spätestens ab dem zweiten Drittel erwacht darob motiviert dann auch die Tribüne. Auch wer selber noch nie einen Stock in der Hand gehalten hat, fühlt sich dazu berufen, aus 40 Metern Entfernung alles besser zu sehen als die Refs. Besonders einprägsam sind die Sprüche von hochrangigen Funktionären, die bei nächster Gelegenheit dann im Verein wieder freiwillige Schiedsrichter suchen und diesen "Job" als Lebensschule preisen.
Zugegeben, manchmal funktionieren Beeinflussungsversuche ja. Am Europacup in Ostrava 2006 etwa spielte Wiler gegen Warberg brilliant und führte - bis einmal die geschlossene Warberg-Bank aufsprang und lauthals reklamierte. In der nächsten Viertelstunde erhielt Wiler höchstens noch glasklare Outbälle zugesprochen. Die Refs hatten sich schlicht vom renommierteren Team und dessen orchestrierten Aktion einschüchtern lassen.
In anderen Sportarten hat man eine einfache Lösung gefunden. Im Wasserball oder Rugby etwa sind die Schiedsrichter tabu - wer reklamiert, der fliegt. Diskutiert wird erst nach dem Spiel. Das wäre doch auch etwas fürs Unihockey, Emotionen in der Hitze des Gefechts hin oder her.
Andere Blogs von Keller Damian
Damian Keller ist 1972 in Winterthur geboren und lebt auch da. Er ist Herausgeber und Chefredaktor des unihockey.ch Printmagazins. Über seine Blogs sagt er, dass diese „persönliche und pointierte Meinungen enthalten, die zum Nachdenken und Diskutieren anregen sollen“.
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