03.
2014
Kim Possible
Gewisse Momente vergisst man nie. Vor einer Woche war ich vertieft in den Abschluss der Coverstory des nächsten Printmagazins über Alligators Regisseur Martin Joss (einer, wie ich finde, ausserordentlich interessanten Story, aber das nur nebenbei), als eine SMS eintrudelte. «Definitiv: Kim Nilsson zu GC». Hoppla, hatten die Gerüchte doch gestimmt. Bereits eine Woche zuvor hatte Tagi-Eishockey-Schreiberling Simon Graf im Pressecenter in Sotschi seinen schwedischen TV-Kollegen Niklas Jihde getroffen. Dieser erzählte ihm brühwarm, dass ein gewisser Kim Nilsson sein Nachfolger bei GC Unihockey werde. Am nächsten Tag stand's in den «Sotschi-Splittern» im Tagi. Nur auf Bitte von GC schaltete ich damals keine Meldung auf unihockey.ch auf. «Noch nicht in trockenen Tüchern», hiess es - und man will ja nicht derjenige sein, der einen solchen Transfer gefährdet oder gar verhindert.
Zurück zum letzten Donnerstag. Tatsächlich. «Kim Nilsson zu GC», hiess die oberste Meldung im Posteingang. Dazu ein fürchterliches Bild einer Person, die wie Kim Nilsson aussah, aber wie ein Weihnachtsbaum in blau und weiss eingehüllt war. Kim Nilsson, unglaublich! Ein Hammer. Was für eine Ehre für die Schweizer Liga. Was für eine Aufwertung vor allem für die Liga. Erstmals überhaupt gab's gleich noch zwei weitere Beiträge, ein rasch übersetztes schwedisches Interview und ein paar bewegte Bilder, zu «Super Kim». Am Abend die endgültige Krönung. Über drei Minuten Präsenz im Staatsfernsehen. Nur wegen eines Wechsels. Wer da auch immer seine Finger im Spiel hatte - Danke.
Schon während des Tages fielen mir immer wieder die negativen Kommentare zu Nilssons Verpflichtung auf. «Wie will GC den finanzieren?», «Woher hat GC so viel Geld?», «Was das wieder kostet» etc. Typisch Schweiz. Typisch Schweizer Unihockey. Statt sich zu freuen, dass ein Club den besten Spieler der Welt geholt hat, wird lieber darüber gemotzt, dass Nilsson halt ein paar Batzeli bekommt. Für mich unfassbar. Scheissegal, wie der GC das bezahlt. Er kann es halt. Pungt. Und ich bin überzeugt, dass gerade auch die anderen elf NLA-Vereine profitieren. Manch einer der über 30‘000 Unihockeyaner wird sich nächstes Jahr sagen, «heute will ich mal dem Nilsson zuschauen», wenn GC zu einem Auswärtsspiel reist.
Dass die NLA einem Schrebergarten-Quartier gleicht, ist nichts Neues. Jeder kümmert sich um seinen Garten, hegt und pflegt ihn, so gut es geht. Die einen haben mehr Dünger, die anderen den besseren Boden und noch die anderen haben wenig Dünger, aber viele die mithelfen bei der Gartenpflege. Neidisch wird immer wieder in Nachbars Garten gelinst, um zu schauen, ob dort schönere und grössere Blümlein wachsen. Wenn dann so ein Exemplar gesichtet wird, dann wird meist versucht, dies auszugraben und in den eigenen Garten zu verpflanzen. Statt halt noch mehr zu düngen und die eigenen Blümlein spriessen zu lassen. Mit Betonung auf meist. Einige Gärtner haben gemerkt, dass es einfacher ist, ein bisschen mehr Wasser auf die eigenen Pflänzchen zu giessen.
Natürlich wird Kim Nilsson nicht die Zuschauerzahlen verdoppeln. Und es werden auch weiterhin keine Spielzusammenfassungen auf SRF zu sehen sein, ebenso wenig, wie die grossen Tageszeitungen am Montag über die NLA-Runden berichten werden. Aber: Der Transfer Nilssons liess aufhorchen. Es könnte durchaus sein - oder besser gesagt, es ist zu hoffen -, dass mal eine TV-Equipe in der Halle steht und wissen will, «was denn an diesem Schweden dran ist.» Einfach zum Vergleich: Nilsson ist der Beste eines Randsports, wo Playoff-Halbfinalspiele 500 Zuschauer anlocken. Sein Name hat den gleichen Stellenwert in Sportredaktionen wie Domagoj Duvnjak und Tatjana Koschelewa. Namen, die ich bis heute auch nicht kannte. Erster ist der Welthandballer 2013, Zweitere die MVP der letzten Volleyball-EM der Frauen.
Trotzdem ist die Verpflichtung von Kim Nilsson ein Schritt nach vorne. Ob es ein grosser wird, zeigt die Zukunft. Vor elf Jahren wurde Niklas Jihde als Messias gefeiert. Zwei Jahre später kamen 2200 Zuschauer in die Saalsporthalle, um Jihdes GC im Kampf um den Titel zu unterstützen. Ein Wert, der danach nie mehr erreicht wurde. Und schon damals ärgerten sich die NLA-Konkurrenten, dass Jihde «vergoldet» werde und GC mit dem «vielen Geld» die Liga kaputt mache. Es wäre an der Zeit aus den Fehlern zu lernen. Ich persönlich freue mich, dass der Champions Cup im Oktober um eine Attraktion reicher ist und hoffe, dass das Aushängeschild des ersten Superfinals 2015 Kim Nilsson heissen wird.