01.
2014
Magic Moments
Zum Ende des Jahres schweifen die Gedanken oft zu den Geschehnissen der letzten zwölf Monate. Ging mir nicht anders. Unihockeytechnisch blieben mir viele Momente in Erinnerung, drei aber ganz besonders.
Neutralität wird auf der Pressetribüne nicht nur gewünscht, sondern ist Voraussetzung. Bei Toren jubelnde Schreiberlinge sind fast nie zu sehen. Mit Betonung auf «fast». Gerade bei internationalen Spielen drückt halt ein gewisses, meist kleines, Mass an Patriotismus durch. Beim WM-Bronzespiel in Ostrava legte ich nach Silvana Nötzlis Tor aber jegliche Contenance ab. Nach meinem langen Jubelschrei sah ich nur amüsierte finnische und schwedische TV-Leute vor mir und viele böse tschechische Blicke hinter mir. Aber es musste raus. Kurz hatte ich Mitleid mit den tschechischen Organisatoren. Aber nur kurz: Vor zwei Jahren hatten die Tschechinnen auch unsere Party jäh beendet. Ich hatte vor allem keine Lust, wieder von «Enttäuschung» und ähnlichem zu schreiben (und beschränkte mich im Vorfeld darauf, für die Zeitungen zwei Rückblicke unter dem Motto «versöhnlicher Abschluss» vorzubereiten. Diese umzuschreiben, hätte mich gleich nochmals geärgert). Nicht schon wieder sollte eine WM-Mission ohne Edelmetall enden. Bronze ist das neue Gold, hörte ich später. Und es ist zu hoffen, dass der Nötzli-Hammer auch eine Initialzündung für eine positive Zukunft im Schweizer Frauen-Unihockey bedeutet.
Einen magischen Moment erlebte ich auch während der U19-WM in Hamburg. Den Churer U19-Stürmer Fabian Beeler kenne ich seit er als kleiner Junior beim UHC Sarganserland seine Karriere begann. Der Junge war immer schon einer der besten seines Jahrgangs, aber auch extrem ehrgeizig - und ein ganz schlechter Verlierer. Schmunzelnd erinnerte ich mich, wie er in ganz jungen Jahren einst bei einem von mir geleiteten Ferienpass-Tag «putzverruggt» wurde, als er ein Spiel verlor und ihn erst seine vom anderen Feld her geeilte grosse Schwester zur Räson bringen konnte. Und nun stand er mit dem weissen Kreuz auf der Brust im WM-Halbfinal. In Hamburg lief es ihm zunächst nicht nach Wunsch. In der Vorrunde traf er alles, nur das Tor nicht und machte zwischenzeitlich mit der Ersatzbank Bekanntschaft. In der 56. Minute des Halbfinals schrieb er sich aber in die Geschichtsbücher. Einen langen Auswurf von Goalie Ruven Gruber netzte er im Stile eines abgebrühten Routiniers, trotz einem «gefühlt» doppelt so grossen finnischen Gegenspieler, zum entscheidenden 4:2 ein. Die Schweiz war im Final. Und als Beeler jubelnd hinter dem Tor durchlief, ist in den Videoaufnahmen einer zu sehen, der auf der Pressetribüne nur einen Meter daneben lautstark mitjubelt... Niemals aufgeben, die Gunst der Stunde nutzen - grosses Kino. Ich habe ihm den Treffer von ganzem Herzen gegönnt.
Der schönste Moment des Jahres war aber keiner, der vielen Leuten bejubelt wurde. Nein, es war dann, als der Kleinste in meinem Junioren-D-Team mir zeigte, dass er viel gelernt hatte. Er, der Torschütze vom Dienst, der am liebsten von ganz hinten, alle ausdribbelt und dann mit aller Wucht ins Tor schiesst. Er, der erst lernen musste, dass auch Mitspieler auf dem Feld stehen, denen man Pässe zuspielen kann. Genau er sagte einem älteren Mitspieler, als dieser sich bei mir beschwerte, dass ihr Einsatz im Trainingsspielchen viel zu kurz gewesen sei: «Egal, Teamwork zellt. Nu zämma simmer stark.» Er grinste dabei ähnlich wie sein Trainer.