02.
2014
«Mama, miar hens gschafft»
Gekonnt jongliert Steffi Buchli den weissen Ball mit den vielen Löchern auf dem Stock. «Floorball isch s'grosse Thema hüt in DubaiMomente», sagt die, nachdem sie sich eine Glatze schneiden liess, endgültig zur Style-Ikone gewordene Moderatorin mit ihrem bekannten Pepsodentlächeln in die Kamera. Die seit Sotschi 2014 eingeführte «Stammtisch»-Sendung ist immer noch so umstritten, wie belanglos, erfreute sich aber mit jeden olympischen Spielen steigender Beliebtheit. «Steffi, du chönntsch jo fascht selber no mitmacha», sagt der langsam ergraute Gastgeber Jan Billeter, ehe er selber zum Stock greift und den Ball gekonnt unters Lattendach befördert.
«Ja, nach dr hütiga Finalqualifikation vo da Schwiizer reden miar hüt vor allem über Floorball oder Unihockai, wia's jo in dr Schwiiz immer no heisst», eröffnet Billeter die Sendung und empfängt die Studigäste wie ex-Schwingerkönig Matthias Sempach, eine namenlose Quotenfrau von der Post, die immer noch strahlend schöne Eishockeytorhüterin Florence Schelling und Unihockey-Verbandspräsident Daniel Bareiss. Dieser strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Immer wieder musste er Anläufe nehmen, Hindernisse überwinden und Überzeugungsarbeit leisten, um «sein» Projekt «Floorball zu Olympia» Wirklichkeit werden zu lassen. «Ich erinnere mich, wiämär ganz am Afang inärä Beiz näbem Letzigrund no mit dä U19-Nati und divärsä Verbandslüt ds erstä Promovideo mit minem Brüeder ufgno händ», gibt Bareiss lachend eine erste Anekdote zum besten.
Die selbstbewussten Schweizer Auftritte an der Olympia-Premiere beeindruckten die Sport-Schweiz. «Ig ha früecher ir Schueu immer gärn Unihockey gspiut, aber wenni de mau gschosse ha, hei di angerä immer grännet», erinnert sich Sempach. Bareiss erklärt die Anfänge der Sportart, und wie sich das mediale Interesse rasant verbessert habe, als endlich der Superfinal eingeführt wurde. Peu a peu konnte danach das Halbprofitum bei den Spitzenvereinen wie UHCedes Landquart oder SCB Floorball eingeführt werden. «Spieläd ihr dänn au mit mä Pögg», fragt die ahnungslose Frau von der Post, während Schelling findet, «dä Rummel jetzt um Floorball erinnert mich biz an eusi Tag in Sotschi, wo sich plötzli diä ganz Schwiiz für öis inträssiert häd.» Charmant lächelnd steht sie dann nachher ins Tor, damit die Studiogäste sich noch im Penaltyschiessen üben können. «Ui, dä Stock isch dänn liecht», blamiert sich die Postfrau weiter, während Sempach mit einem Schlagschuss eine Kamera zerstört.
Vor allem die unbekümmerten Interviews, die an die früheren Snowboarder-Auftritte erinnerten, der Schweizer Akteure erfreuten die Sofasportler. Dann, wenn die in Schweden spielenden «Superbröderna» Jamie und Timo Britt davon sprachen «dena huara Elch mol d Hörner z stutza» oder der stets gut gelaunte Goalie Lauri Streit nach dem Halbfinal in die Kamera mit den Worten «Vätu, hesch gseh, so hed mä d Bäu gäg d Finnä» winkte, kam Freude auf. Auch Teamsenior Mänu Engels Spruch «dasmau simer nid z Dubai zum Plöischlä» hatte fast schon Kultstatus. Ebenso die Interviews von Nationaltrainer Emanuel Antener, die jeweils in Deutsch untertitelt werden mussten.
Zwei Tage später war es dann soweit. Erstmals überhaupt konnte das übermächtige Schweden geschlagen werden. In der Overtime hatte Engel die Nerven behalten, nachdem Streit unglaubliche 53 Bälle hielt. «I glaubas nid», schrie Kommentator Peter Düggeli nach dem «Golden Goal» ins Mikrofon, derweil Experte Matthias Hofbauer nur noch ein «unglaublich, unglaublich» stammeln konnte. Zuvor hatten die beiden das TV-Publikum mit gut abgehangenen Anekdoten aus gemeinsamen WM-Zeiten bestens unterhalten. Herzzerreissende Szenen spielten sich bei der Flower Ceremony ab. Mit zittrigen Händen hielten die Britt-Brüder das Telefon in der Hand und schluchzten nur noch «Mama, Mama, hesch gseh, miar hens gschafft». Unihockey hatte in der Schweiz endlich den Durchbruch geschafft.
Seppli 217.193.138.186
21. 02. 2014