09.
2008
Saison vor der Saison
Jetzt rollt sie wieder, die weisse Kugel. Die Testspiel-Saison ist bereits in vollem Gange. Während Baseball-Teams dafür in die warmen Südstaaten ziehen, tingeln die Schweizer Unihockeyaner bei sommerlichen Temperaturen durch die Turnhallen. Erster Tabellenführer in der pre-season league ist Alligator Malans. Anders als Stefan Smedberg-Pettersson lässt der neue Coach Christer Bertilsson seine Buben bereits jetzt mit Vollgas laufen. 2. am Champy-Cup, 1. am Ustermer Cup - früher verloren die Malanser noch 0:10 bei solchen Turnieren gegen Wiler-Ersigen, gewannen dafür gegen den gleichen Gegner vier Monate später in deren Halle 4:3.
Resultate spielen ja eigentlich gar keine Rolle bei den Vorbereitungsspielen. „Wir wollen unberechenbar sein", gab Neo-Tigers Trainer Philippe Soutter am Champy Cup als Zielvorgabe raus. Seine Spieler hielten sich brav daran, selbst Kontrahent Bertilsson („I saw no goal in their game") tat sich mit der Langnauer Spielweise schwer. Die Karten möchte kein Trainer aufdecken, zu oft steht die Konkurrenz mit Videokameras auf den Tribünen. Gar mancher Coach freut sich über Niederlagen, da so flott die Favoritenrolle auf einen Underdog abgewälzt werden kann. Beispiel gefällig? „Auch mit GC dürfte nächste Saison wieder zu rechnen sein", steht auf der Könizer Page geschrieben, nachdem die Hoppers 4:2 gegen den Cupsieger gewannen. Im Telegramm ist dann aber zu lesen, dass die beiden ersten Center (Calebsson, Trüssel) und zwei Teamstützen (Dunkel, Schweizer) fehlten...
Das Beste bei Vorbereitungsturnieren sind dafür die Tribünengäste. Nach langen Monaten ohne Ernstkampf wärmen sich auch alle selbsternannten Szenekenner auf den harten Hallenbänken für die neue Spielzeit auf. Da erfährt man als Journalist alles. Warum Sami Nyman gar nie in die Schweiz hätte kommen sollen („Kam schon verletzt hier an"), welcher Trainer bereits jetzt schon wackelt (bis jetzt noch keiner), bis hin zu Alligators neuem Ausländer (Auflösung im neuen Printmagazin). Die neuen Spieler werden da natürlich auch kritisch unter die Lupe genommen. Den nachhaltigsten Eindruck hinterliess dabei Saku Lehti (welcher übrigens auf Anraten eines Schweizer Natispielers von den Tigers verpflichtet wurde). Allein seine Abgebrühtheit bei den Penalties am Champy Cup liess das Unihockeyherz höher schlagen.
Denn trotz aller Unberechenbarkeit bleiben die Tigers mein Titelfavorit Nr. 1. Die Mannschaft ist pures Dynamit: Vier Top-Ausländer, einer der besten (und spektakulärsten) Goalies der Liga , treffsichere Schweizer Akteure und dahinter noch eine der breitesten Nachwuchsbewegungen der Schweiz, von welcher die besten Sprösslinge von Ikone Soutter dezent unter dem Namen „Walter" an den rauhen NLA-Alltag herangeführt werden. Der schrille Zürcher ist im Emmental angekommen, einzig bei Ales Zalesny dürften die extravaganten Auftritte Soutters für erhöhten Blutdruck sorgen. Aber ganz ehrlich ist mir das Emmentaler Kutteli („ein Burgunder", wie ich mir erklären liess) tausendmal lieber als Zalesnys vergoldete Töfflikette um den Hals...
Noch ein Wort zum Meister. Wiler-Ersigen bestreitet erstmals seit langem kein einziges Vorbereitungsturnier in der Schweiz. Dafür stellten sie - wie auf ihrer Page nach zu lesen ist - fest, dass Unihockey in Schweden ein anderer Sport ist. Täglich berichtete die Lokalzeitung auf den ersten Seiten über das Turnier - in der Schweiz bringt es der Verband nicht einmal fertig, die Resultate der grössten Vorbereitungsturniere aufzuschalten. Dafür les ich dort, dass Matthias Hofbauer der erste ausländische Captain der Superligan sein soll. Liebe Grüsse an dieser Stelle von Vesa Punkari und Mika Kohonen...
Aber nochmals zurück zum Nolia-Cup und zu den Bedeutungen von Resultaten an Vorbereitungsspielen. Eine spezielle Begegnung in Nordschweden hatte Wiler-Trainer Thomas Berger. Vor zehn Jahren verlor er damals noch mit Malans gegen ein gewisses Umea City mit sage und schreibe 0:18 - im darauffolgenden Frühling wurden die Herrschäftler trotzdem Meister. Gegen Umea City (mittlerweile in die SSL aufgestiegen) trat er mit Wiler dieses Jahr auch an und gewann 5:4. Rache gelungen - aber ein schlechtes Omen für die Meisterschaft?