08.
2011
Hassliebe
Eigentlich habe ich ja gedacht, dass mich in meiner journalistischen Tätigkeit nicht mehr viel erschüttern kann. Ich schaffe es mittlerweile auch unter widrigsten Umständen einen Bericht in verlangtem Umfang pünktlich an die Redaktion zu senden. Über den Inhalt lässt sich manchmal streiten, doch in erster Linie zählen ja Umfang und Zeit. Manchmal ist der Bericht ja schon vor Spielschluss fertig...
Unter widrigsten Umständen darum, weil ich seit Frühling auch Berichte über den lokalen 2. Liga-Fussballclub schreibe. Die erste Lektion dort war: Nimm immer einen Regenschirm mit. Und Liveticker, Steckdosen oder gar Internet-Anschluss gibt es dort nicht. Manchmal nicht mal Lautsprecher-Durchsagen und Matchprogramme. Da heisst es aufmerksam sein...(Es war zumindest erfolgreich: Der FC Mels stieg in die 2. Liga interregional auf).
So weit so gut, bislang hatte ich auch meist das Glück, dass ich bei Unihockeyspielen sehr gute Fotografen neben mit hatte. Für das hiesige Lokalblatt („Sarganserländer", die beste Zeitung der Welt) wird vom Autor aber verlangt, dass neben dem Text auch eine Foto mitgeliefert wird. Am besten eine selber gemachte. Und da wird's dann eben tricky. Ein guter Schreiberling muss kein guter Fotograf sein, so jedenfalls meine Erfahrung.
Anfangs verzeichnete ich ja noch Erfolge. Ein Bratwurst-Kicker des FC St. Gallen lief mir beim Gastspiel auf der Flumser Banau so dämlich vor die Linse, dass ich einfach abdrücken musste. Er traf dann dreimal und die Foto wurde natürlich auch gross gedruckt. Nicht zu vergessen „Jumping Mischi" - die jubelnde Michelle Russi freute sich in der „Südostschweiz" in Übergrösse über den Einzug ins EuroFloorball-Cup-Finale. Der Stolz war gross, ich gebs ja zu.
Doch das Fotografieren ist bei mir nach wie vor wie Lotto. Man steht da und hofft, dass das Licht stimmt, die Schärfe richtig eingestellt ist und man im richtigen Moment abdrückt. „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte", heisst es im Volksmund oder „Ein gutes Bild ist schon der halbe Artikel" - bei einem schlechten liest man den Artikel gar nicht mehr. Und was es doppelt erschwert: Bei einem Text seh ich das Resultat jeweils vor mir, kann Passagen löschen oder ergänzen und mit Worten das Gebotene beschreiben. Bei einem Foto seh ich auf einem kleinen Display, was ich ungefähr geschossen habe. Das Zittern beim Herunterladen der Foto ist jeweils riesig.
Irgendwie bin ich mit dem Fotografieren noch nicht wirklich warm geworden. Wir beide wissen, dass wir uns mögen sollten - aber irgendwie stimmt die Chemie noch nicht. Es wäre ja wirklich einfach, wenn der Schreiberling auch gleich die Fotos zum Artikel schiessen könnte. Ja, praktisch und zeitsparend und sowieso. Doch wie gesagt, Wir arbeiten noch an unserer Beziehung. Dabei hatte ich schon einige Rückschläge zu verzeichnen. Kamera Nummer 1 (Kommentar eines Fotografen: „Ah, das Anfängermodell, da klappts fast immer") ging auf dem Klotener Zentrum Schluefweg zu Bruch. So gabs halt keine Aufnahmen der orientierungslosen Jets-Spieler.
Mit der Ersatzkamera verbindet mich gar eine innige Hassliebe. Letzte Woche liess sie mich wieder mal im Stich. Der Anruf des Chefredaktors („Wie soll ich sagen, ach ich bin ehrlich, aber die Innen-Aufnahmen sind einfach scheisse") nicht wirklich übermässig motivierend. Der Höhepunkt folgte dann beim Auftaktspiel des FC Mels letzten Samstag. Ausgerüstet mit extragrossem Objektiv, Ersatzakku und Blitz stand ich in der Bazenheider Pampa - leider blieb die Speicherkarte im Kartenleser zuhause. Peinlich, peinlich. Wurde halt schweren Herzens ein Archivbild eingeschickt...
Um es kurz zu machen: Meine Achtung vor den Sportfotografen ist in den letzten Wochen und Monaten um ein Vielfaches gestiegen. Ihr Fäbus, Erwins, Florians, Claudios und Damians etc. da draussen, ihr macht einen Bombenjob. Eine gute Foto ist eine Perle und ich werde nie, nie, nie mehr etwas Negatives sagen oder denken über euch knipsenden Gesellen. Und wer jemals wieder eine Frau oder einen Mann mit einer grossen Kamera hinter einer Bande sitzen seht, denkt daran: Das ist um einiges schwerer als es aussieht. Und wer mich wieder mal mit einer Kamera hantieren seht: Lacht nicht und drückt die Daumen, dass das Bild doch noch etwas wird. Danke.
Ta redakcja dorbze wie, że ma na wyłączność prawa do kopiowania wszystkiego, co się na tym blogu poj 213.144.132.98
30. 09. 2012