04.
2011
Im Wunderland
Der letzte Blog löste einiges an Reaktionen aus. Vielen Dank an dieser Stelle für die vielen Feedbacks. Dass ein einzelnes Finalspiel auch Nachteile hat, ist bekannt, sonst hätten es die Nationalliga-Vereine schon längst eingeführt. Vor allem die wirtschaftlichen Aspekte, sprich die Mindereinnahmen der Finalclubs, sprachen bislang gegen eine Einführung. Wie ich mittlerweile erfahren habe, sind auch in Schweden gerade die führenden Vereine nicht unbedingt grosse Anhänger des SM-Finalen. Doch die Strahlkraft eines lange im voraus planbaren Finalspiels überwiegen gegenüber den allfälligen Mindereinnahmen. So wird in Schweden seit sage und schreibe 18 Jahren die Meisterschaft in einem Finalspiel entschieden. Mittlerweile haben auch die Handball-Verantwortlichen auf ein Finalspiel in Schweden umgestellt. Das Budget des diesjährigen SM-Finalen betrug 4,5 Milionen Schwedische Kronen (rund 645'000 Franken). Dabei schaute ein Gewinn von 1,5 bis 2 Milionen Kronen heraus - heisst zwischen 250'000 und 300'000 Franken. Dies laut Angaben von Svensk Elitinnebandy (SEI), dem schwedischen Pendant unserer Nationalliga-Konferenz. Kein schlechter Gewinn, vor allem in Zeiten wo unsere Verbandsspitze den Europacup wegen 15'000 Franken sausen lassen will ...
Nachdem mir vor einem Jahr der Eyafjöllirgendwas-Vulkan einen Strich durch die Rechnung machte, konnte ich letzten Samstag einen Augenschein in Malmö nehmen. Um es vorweg zu nehmen: Ein fantastischer Event. Vergleichbar mit einem Unihockey-WM-Finale, wenn nicht sogar besser. Allein die Pre-Game-Show war etwas vom besten, was ich je gesehen habe. Nach dem Einschiessen wurde die Halle verdunkelt und zwei Moderatoren begrüssten das Publikum und vor allem die Anhänger beider Teams. Danach wurde ein Feuerwerk, welches rund um das Spielfeld funkte, gezündet. Anschliessend kamen die Teams mit einem noch grösseren Feuerwerk begleitet, in die Halle. Die Nationalhymne wurde von eine MusicStar-Teilnehmer live gesungen. In der Pause folgten dann Ehrungen für die SpielerInnen des Jahres, kurz nachdem die Trainer noch live in der Halle interviewt wurden. Danach konnte ein Zuschauer gegen einen Nationalspieler in einem Spielchen auf einem Mini-Kleinfeld sein Können beweisen. Übrigens: Das Finale findet auch nächstes Jahr in Malmö statt, in zwei Jahren soll es dann in die neue Stockholms Arena neben dem Globen gehen. Fassungsvermögen dort: 25'000 Zuschauer.
Auch den Journalisten wurde einiges geboten. Allein die Anfahrt war ein Traum. Mit dem Flugzeug nach Kopenhagen (90 Minuten von Kloten aus), danach zehn Minuten Zugfahrt nach Malmö. 50 Meter von der Bahnstation war denn auch schon die Halle. Im Pressecenter, eine umgebaute Loge im dritten Stock, waren alle Arbeitsplätze mit einem LAN-Stecker ausgerüstet, die Plätze für die Live-Tickerer bereits sauber angeschrieben. 123 Journalisten von 34 verschiedenen Medien hatten sich akkreditiert. Bereits im Vorfeld wurde eine 16-seitige Vorschau zugestellt, welche keine Wünsche offen liess. Eine halbe Stunde vor dem Spiel wurde eine Kopie des Matchblattes verteilt, dazu gabs auch die Aufstellungen nach Blöcken. Als eine der vielen Mitarbeiterinnen in der ersten Pause dann noch fragte, ob ich gerne die Schussstatistik des ersten Drittels hätte, fühlte ich mich definitiv im Wunderland. Nicht zu vergessen das grosszügige Buffett mit Fleisch- und Käseplatte, Muffins, Cola, Mineral und einem grossen Bottich Kaffee. Zum Vergleich: In der Schweiz bin ich froh, wenn ein Tischlein mit einem Stromanschluss bereit steht. Aufstellungs-Blätter gibts nur, wenn das TV dort ist und man den entsprechenden Mitarbeiter kennt. Zehn Minuten nach Spielschluss wird einem dann in der Regel aber bereits der Stuhl unter dem Allerwertesten weggezogen...
Das alles ist natürlich nur möglich, wenn eine entsprechende Halle zur Verfügung steht. Die Malmö Arena ist ähnlich konzipiert wie die Hartwall-Arena in Helsinki oder die O2-Arena in Prag. Ein multifunktionaler Sporttempel, in dem auch öfters Konzerte stattfinden. 11'500 Zuschauer wollten das Männer-Finale sehen, erstaunliche 8000 bereits das Frauen-Endspiel. Allein aus Warberg kamen mit 2000 Fans, mehr Zuschauer als am dritten Finalspiel der Männer in der Schweiz (1800 Zuschauer). Und dies trotz Live-Übertragung im schwedischen Sportfernsehen TV4. Die Aufnahmen davon waren auch im Stadion zu sehen. Vor allem die vier verschiedenen Zeitlupen-Einstellungen nach den Toren waren ein Genuss. Zurück nochmals zur Halle: Ein Vorteil war auch, dass in den Gängen verschiedenste Sponsoren und Händler ihre Produkte anbieten konnten. Ebenfalls wurde im Restaurant ein Bankett abgehalten und noch diverse Vorträge und Workshops zur Nachwuchs-Förderung gehalten. Ebenfalls nutzte der IFF den Event für diverse Sitzungen. Kurz: Es war alles da, was Rang und Namen hatte.
Wem das alles bekannt vor kommt: Ja, die Swiss Mobiliar Games erinnern - wenn auch ein paar Schuhnummern kleiner - stark ans SM-Finalen. Irgendwie fehlt da nur noch ein Buchstabe: SML-Finalen.