04.
2012
Was ist der nächste Schritt?
Irgendwann zu fortgeschrittener Stunde klagte mir letzte Freitagnacht - mitten im Ausgangsgetümmel vom „Lilla Torg"-Platz in Malmö - ein Kollege vom Innebandy Magazinet sein Leid. „Seit elf Jahren führen wir das SM-Finale durch, doch den Durchbruch in der nationalen Presse haben wir immer noch nicht geschafft", haderte er. Nur eine Doppelseite sei beispielsweise beim Expressen, einer der grossen Zeitungen, für das SM-Finale reserviert. „Über jedes Fussballspiel der höchsten Liga bringen sie vier Seiten", ärgerte er sich weiter. Auch müsste der Final auf dem öffentlichen nationalen Kanal übertragen werden und nicht beim Privatfernsehen. Zwar habe wohl fast jedes schwedische Kind einen Innebandy-Stock und die regionalen Zeitungen brächten ausführliche Berichte, doch in den grossen Medien seien nur Fussball und Eishockey ein Thema. „Es muss sich etwas ändern", befand er, „der nächste Schritt muss kommen."
Ich musste lächeln, als ich dies hörte. Doppelseite im „Sonntags-Blick"! Live-Übertragung auf Sat 1! „Das ist doch das Paradies", sagte ich ihm und erzählte, dass in der Schweiz gerade mal 1500 Zuschauer zum fünften Playoff-Spiel kamen und im TV nur ein kurzer Clip zu sehen war. Er staunte, ob meinen Aussagen, doch blieb seine Meinung unverrückbar. „Es muss etwas geschehen, sonst kommen wir nicht weiter."
Genau die gleichen Gedanken gingen mir auch durch den Kopf, als ich jeweils die Zuschauerzahlen der Playoff-Finalspiele sah. 1500 Zuschauer in einem fünften Spiel! So viele hatte es auch 1997, wie in unserem Video der Woche zu sehen ist. In Deutschland kamen am letzten Sonntag 1300 Zuschauer zur fünften Partie. Okay, es war die alles entscheidende, aber wenn das vorher gross angekündigte und erste diesjährige Eishallenspiel in Zuchwil nicht mehr als 1500 Zuschauer anlockt, ja dann muss was geschehen.
Vielenorten wird die erdrückende Dominanz von Wiler-Ersigen als Grund für den Zuschauerrückgang beklagt. Dies ist in der Tat so, nur ist es so, dass Wiler-Ersigen in den letzten zehn Jahren sehr viel sehr richtig gemacht hat. Das Problem ist nicht Wiler selber, sondern die Gegnerschaft in der SML. Wir brauchen mehr Wilers! In den letzten fünf Jahren stand immer ein anderes Team im Finale. Am Aufbau einer Meistermannschaft hindern sich die Teams meist selber, in dem sie sich die besten Spieler gegenseitig wegschnappen. Wäre ich ein Comiczeichner würde ich jetzt einen Cartoon zeichnen, in dem zehn Kindergärtner „Bändelifangis" spielen und sich diebisch freuen, wenn sie ein Bändeli des Vordermannes zu greifen bekommen, aber nicht merken, dass ihr eigenes schon lange weg ist.
Eine der naheliegendsten Lösungen bleibt die Einführung eines einzelnen Finalspieles. Bislang ging das Nationalliga-Komitee und mit ihm die Vereinspräsidenten das Thema noch sehr vorsichtig an. „Nehmen wir gleich viel Geld ein, wie bei einer Playoff-Serie, dann können wir über ein einzelnes Finalspiel diskutieren", lautete bislang der Tenor. Schaut man sich die Zuschauerzahlen in den Playoffs an - erstmals wurde die 1000er Grenze erst in den Finalspielen überschritten - dann ist aber rasch klar, dass das Publikum dem bisherigen Modus überdrüssig geworden ist. Oder anders gesagt: Die Vereine sägen derzeit am eigenen Ast. Nur spannende Spiele locken auch Zuschauer in die Halle.
Gerade das Beispiel Tschechien muss den Verantwortlichen zu denken geben. Auch dort standen einige Vereine dem Projekt Supérfinal sehr kritisch gegenüber. Knapp 8000 Zuschauer, ein neuer Rekord für Hallensportarten in Tschechien, liessen die Kritiker aber verstummen. 8000 - so viele Zuschauer kamen nicht mal bei den fünf Playoff-Finalspielen in der Schweiz zusammen. Das tschechische Unihockey erlebte ein noch nie zuvor gesehenes Fest und war für kurze Zeit auch im Fokus der tschechischen Sportmedien.
Dass Wiler-Ersigen keine Freude an einem einzelnen Finalspiel hat, ist verständlich. Als einzige profitierten sie in den letzten zehn Jahren durchgehend an den fetten Einnahmen der Finalspiele. Wenn aber auch der Meister merkt, dass sich sein eigenes Publikum langweilt und erst die fünfte Partie in die Eishalle verlegt wird, dann müssten eigentlich die Alarmglocken schrillen. Auch wenn es hart tönen mag, Wiler-Ersigen ist das Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Oder besser gesagt: der Inkonstanz der Gegnerschaft.
Übrigens: Die Lösung für die medialen Probleme in Schweden haben mein Kollege und ich auch gefunden. Nie wurde mehr über Unihockey geschrieben, als Schwedens Fussball-Ikone Henrik „Henke" Larsson vor ein paar Jahren bei Helsingborg zum Plastikstock griff. Ich empfahl ihm nun Zlatan Ibrahimovic zu kontaktieren. Vielleicht auch ein probates Mittel in der Schweiz. YB-CEO Ilja Kaenzig hat Wiler-Ersigen ja bereits zum Titel gratuliert. Vielleicht wäre ja für Christian Gross noch ein Plätzchen frei im Trainerstaff. So könnte dieser vielleicht noch etwas für ein attraktives Offensivsystem lernen.
Bergfloh
27. 04. 2012
Insider_2011
27. 04. 2012
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