03.
2010
2031
Lautlos rauscht der Aufzug in den zweiten Stock des nigelagelneuen SuperSports-Dome, einer Multifunktions-Arena mit Shopping Center und einer 8000 Zuschauer fassenden Sporthalle. Die Tür geht auf und eine freundliche Hostess begleitet mich zu meinem Arbeitsplatz. Fein säuberlich sind die heutigen Aufstellungen, eine Übersicht der letzten zehn Begegnungen und ein aktueller Medical Report in einer handlichen Mappe dokumentiert. „Nein, kein Lachsbrötchen mehr, ich war eben beim Apéro des neuen Verbandsponsors", antworte ich auf ihre Frage, ob ich vor dem Spiel noch gern ein Häppchen möchte. Die Leute verstehen ihr Handwerk, ein satter Journi hat keine Lust mehr kritisch zu schreiben. „Die beiden Trainer stehen der Presse in zehn Minuten kurz zur Verfügung", sagt sie lächelnd, bevor sie die Kollegen vom Schweizer Fernsehen in Empfang nimmt. Ich studiere kurz die Unterlagen und sehe, dass der frisch eingeflogene Finne nicht spielen wird. „Er hat noch Trainingsrückstand", wird der Coach wenig später den rund 30 Journalisten erklären. Ich genehmige mir noch einen Schluck Kaffee und mache meine Runde in der VIP-Lounge, wo mich der Präsident von Swiss Floorball herzlich begrüsst. Wir amüsieren uns köstlich über die Anekdoten der letzten Länderspielreise in Moldawien. Herrje, wie die Zeit vergeht, schon stehen beide Teams zum Bully bereit. Ich mache es mir in meinem sofaähnlichen Lederstuhl bequem und schaue der Partie zu. Über einen kleinen Monitor höre ich wie die beiden TV-Kommentatoren fachmännisch über die Partie fachsimpeln. Der Bericht schreibt sich locker und flüssig. Lag das jetzt an der flotten Partie oder doch am Weisswein, welcher im letzten Drittel verteilt wurde? Zehn Minuten nach Spielschluss stehen die beiden Coaches und je zwei Spieler in der Pressekonferenz Red und Antwort. Der Bericht ist dank der schnellen Wireless-Leitung rasch in der Redaktion. Ich gehe zufrieden zur Bahnstation, welche sich nur fünf Minuten neben der Arena befindet.
Während der Heimreise döse ich ein. Im Halbschlaf kommt mir wieder in den Sinn wie das früher war, als Unihockey noch in muffligen Turnhallen oder umgebauten Eishallen gespielt wurde. Damals waren ja noch klapprige Tischchen das Höchste der Gefühle. Dafür standen die Zuschauer (hätte ich für den Spruch „schribsch denn hüt öppis gschids" jeweils einen Zweifränkler bekommen, wäre ich wohl zweimal auf eine Kreuzfahrt gegangen) und oftmals auch die fluchenden Ersatzspieler gleich neben den „Presseplätzen". Was haben wir gelacht, als der Churer Betreuer einst in den Playoffs kreideweiss bemerkte, dass er die falsche Rückennummer auf dem Matchblatt aufgeschrieben hatte. Die vermeintliche 14 stand leider grad neben ihm. Oder wie haben wir gestaunt, als die verletzt gemeldeten Winterthurer Tschechen plötzlich nach und nach via Wunderheilung auf dem Spielfeld auftauchten. Oder wie beim Einschiessen in der Maienfelder Lusthalle jeweils der Kopf eingezogen wurde, da das Tischlein schräg neben dem Tor aufgestellt wurde. Bei gewissen Teams empfahl es sich, während dieser Zeit besser gleich in der Cafeteria zu verweilen. Oder, besonders lustig, als an der Damen-WM in Västeras plötzlich eine Horde betrunkener Finnen (ein Pleonasmus?) sich auf den Presseplätzen breit machte. Immerhin machte einer noch Platz, so dass ich halb auf der Treppe sitzend, den Liveticker schreiben konnte. Einzig der Pompon der hüpfenden Cheerleaderin gleich daneben, störte die Sicht aufs Spielfeld ein wenig. Oder ja, auch sehr lustig, als im Brünnli Heustober die wackligen Gartentischchen gleich vor der Stehplatztribüne der Langnauer Fans aufgestellt wurde. Zum Glück hatte ich vorher noch kleine Tigers-Kleber gekauft und auf den Laptop geklebt. Dafür wollte mir der damalige GC-Trainer zum Ausgleich etwas später ein Grasshüpfer-Kleberchen andrehen. Leider brachte er es nicht vom Lizenzbüchlein weg. Noch viele solcher Anekdötchen fallen mir ein. Ja, der Amateursport damals hatte Charme und Witz. Improvisationskunst und guter Wille halfen in vielen Situationen. Und trotzdem bin ich froh, dass mittlerweile richtige Professionalität herrscht. Zufrieden schlafe ich ein.